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Unsere Serie für den Hobby-Schrauber

Neuer Radantrieb mit Gleichlaufgelenkwelle

2004-03-24 00:00:01 Geändert: 2024-01-15 13:25:59 (5) (Gelesen: 30804)

Neuer Radantrieb mit Gleichlaufgelenkwelle

Seit Mai 1984 wird der Trabant P601 mit einem neuen Radantrieb mit Gleichlaufgelenkwelle serienmäßig ausgeliefert. Die folgenden Ausführungen dienen der allgemeinen Information, sind aber auch für die Trabantbesitzer gedacht, die Pflege und Wartungsarbeiten sowie Instandsetzungen selbst ausführen. Sie erläutern die Instandsetzungsbedingungen und enthalten Montagehinweise, die unbedingt zu beachten sind.

Der neue komplette Radantrieb mit Gleichlaufgelenkwelle ist für alle Fahrzeuge P601 austauschbar. Das Tripode-Innengelenk der Gelenkwelle mit drei nadelgelagerten Rollen erfordert auch den Austausch der Vorderachswellenräder im Getriebe. Die Anschlüsse an der Vorderfeder, am Lenkerarm und an der Spurstange blieben unverändert. Bild 1 zeigt die Anordnung der neuen Radlagerung mit dem veränderten Radmitnehmer, dem äußeren Kugelgleichlaufgelenk und dem Anschluss des Achsschenkels. Das Radlager wird in das veränderte Schwenklager eingepresst und von einem Sicherungsring gehalten. Das neu entwickelte Radial-Schrägkugellager hat einen geteilten Innenring, ist dosiert mit einem Spezialfett gefüllt und über die gesamte Betriebsdauer wartungsfrei. Fettaustritt von innen und Schmutzeintritt von außen werden durch die beidseitig angeordneten Dichtscheiben verhindert. Zu beiden Seiten des Radlagers werden vom Schwenklager, Radmitnehmer und Achsschenkel Spaltsysteme gebildet, die den Zutritt von Schmutz und Feuchtigkeit weitgehend vermeiden. Die Nabenführung des Radmitnehmers in der Bohrung des Radlagers und die Verbindung vom Zahnwellenprofil des Achsschenkels mit dem Radmitnehmer sind mit Spielpassungen ausgeführt, die ein Zusammenstecken der Teile von Hand sowie eine einfache Demontage ohne Sondervorrichtungen ermöglichen. Befestigt werden die Teile der Radlagerung über die Scheibe mit der Bundmutter, die gegen ein selbsttätiges Lösen durch Einschlagen des Bundes in die Nut des Profilzapfens gesichert ist.

Die neue Gelenkwelle ist eine Montagegruppe, die sich aus einer Welle und zwei Gleichlaufgelenken zusammensetzt. Radseitig wird ein Kugelgleichlauf (Rzeppa)-Festgelenk, bestehend aus Achsschenkel, Kugelführungskäfig, Anlauflager und sechs Kugeln, verwendet (Bild 2). Durch die symmetrisch versetzten Kugelbahnen des Achsschenkels und des Anlauflagers werden die sechs Kugeln bei Beugung stets in der Winkelhalbierenden geführt, so dass bei allen Beugewinkeln stets eine exakte, homokinetische Drehmomentenübertragung gewährleistet ist. Die Welle wird durch einen Rund-Sprengring, der sich am Anlauflager und der Wellennut abstützt, gegen axiale Verschiebung arretiert. Das Kugelgleichlauf-Außengelenk ist mit Fett gefüllt und über die gesamte Betriebsdauer wartungsfrei. Als Innengelenk wird ein Tripode-Verschiebegelenk, bestehend aus Zapfenstern mit Kugelrollen, verwendet (Bild 3). Die drei Kugelrollen sind nadelgelagert. Der Zapfenstern ist mit einem Zahnwellenprofil auf der Welle befestigt und wird axial durch zwei Sprengringe gehalten. Die Kraftübertragung erfolgt über die Kugelrollen, die in drei zylindrischen Laufbahnen des Vorderachswellenrades geführt werden. Diese Anordnung sorgt für einen Gleichlauf des Innengelenkes. Die durch Ein- bzw. Ausfederung des Rades bedingte Verschiebung des Tripodegelenkes wird durch die nadelgelagerten Kugelrollen in den Führungsbahnen des Vorderachswellenrades bedeutend erleichtert. Beide Gelenke sind gegen Eindringen von Schmutz und Feuchtigkeit durch Gummimanschetten geschützt, die mit Spannbändern befestigt werden. Das Außen- und Innengelenk ist mit Schmierfett SWC 423 B gefüllt, das speziell für Gleichlaufgelenke entwickelt wurde.

Mit dem Einsatz der neuen Radlagerung und der Gleichlaufgelenkwelle ergeben sich folgende Vorteile: Wesentliche Erhöhung der Grenznutzungsdauer der Radlagerung und der Gelenkwelle; ruhiger Gleichlauf der Gelenkwelle ohne Querschwing-Erscheinungen des Triebwerkes; vereinfachte Montage und Demontage der Radlagerung; geringerer Wartungsaufwand durch Entfall von Schmierstellen; reduzierte Masse und geringere Anzahl der Teile des Radantriebes.

Demontage der Radlagerung

  • Bremstrommel nach Entfernen der Senkschraube abnehmen.
  • Bundmutter mit 32er Schlüssel abschrauben, wobei sich die eingeschlagene Sicherungsnase selbst zurückdrückt.
  • Radmitnehmer nach vorn herausdrücken, der Profilzapfen des Achsschenkels dient dabei als Führung.
  • Gelenkwelle nach hinten herausziehen.
  • Sicherungsring mit einer Sprengringzange herausheben.
  • Radlager mit einer Hebelpresse aus dem Schwenklager herausdrücken.

Das ist nur bei defektem Radlager angebracht, da das Herausdrücken über den Innenring zu Beschädigungen der Kugellaufbahn führen kann.

Montage der Radlagerung

  • Radlager mit Hebelpresse und Eindrückdorn in das Schwenklager drücken. Das Radlager darf nur über den Außenring eingedrückt werden. Ein Eindrücken über den Innenring führt zu Beschädigungen der Kugellaufbahn.
  • Sicherungsring mit Sprengringzange in das Schwenklager einsetzen.
  • Gelenkwelle von hinten durch das Radlager bis zum Anschlag durchstecken.
  • Radmitnehmer auf den Profilzapfen aufsetzen und mit Handdruck in die Bohrung des Radlagers einschieben. Die Bohrung des Radlagers, der Lagersitz des Radmitnehmers und der Profilzapfen sollten vorher leicht eingefettet werden. Durch die Führung des Radmitnehmers auf dem Profilzapfen wird beim Eindrücken ein Kippen der Radlagerinnenringe und ein Festklemmen des Radmitnehmers verhindert.
  • Scheibe und Bundmutter aufsetzen. Bundmutter mit Drehmomentenschlüssel festziehen, wobei das Anzugsmoment von 150 bis 200 Nm unbedingt einzuhalten ist. Es bestimmt das notwendige und zulässige Radlagerspiel mit.
  • Bundmutter durch Einschlagen des Bundes in die Nut des Profilzapfens nach Vorschrift sichern. Dabei ist das Maß von 19 bis 20mm einzuhalten und auf die Rundung des Einschlagwerkzeuges im Radius 1,5 bis 2 mm zu achten, wie Bild 4 zeigt. Die Bundmutter ist wieder verwendbar und ordnungsgemäß gesichert, wenn keine sichtbaren Einrisse an der Einschlagstelle vorhanden sind.
  • Bremstrommel auf den Radmitnehmer aufsetzen und mit der Senkschraube befestigen. Vorher ist der Bremstrommelsitz leicht einzufetten. Bei der Montage dürfen jedoch keine Fettspuren auf die Bremsbacken oder die Bremsfläche der Bremstrommel gelangen.
  • Das Radlager ist mit einem leichten, inneren Haltesystem ausgeführt, das ein Herausfallen bzw. Herausdrücken der Innenringe verhindert. Nach langer Betriebsdauer kann es durch Auftreten von Passungsrost vorkommen, dass bei der Demontage ein Innenring auf dem Radmitnehmer harten bleibt. In diesem Falle ist zum Beispiel bei einer Bremsenreparatur das Radlager vor Schmutzeintritt zu schützen. Vor dem Wiedereinbau des Radmitnehmers ist der herausgezogene Lagerinnenring zu reinigen. Es darf jedoch kein neues oder zusätzliches Fett in das Radlager gedrückt werden.

Tripode-Verschiebegelenk

Der konstruktive Aufbau des Tripode-Verschiebegelenkes gewährleistet eine hohe Lebensdauer. Gegenüber dem bisherigen Gleitsteingelenk werden Reparaturen erst nach längerer Gebrauchsdauer notwendig sein. Durch äußere Krafteinwirkung ist ein Manschettendefekt zwar selten, aber nicht völlig ausgeschlossen. Bereits bei leichter Beschädigung kann Schmutz und Feuchtigkeit in das Gelenk eindringen, was zwangsläufig zu erhöhtem Verschleiß und zur Geräuschbildung führt, die einen Ausbau des Radantriebes erfordern. Dafür sind Hilfswerkzeuge notwendig, auf die hier nicht näher eingegangen wird. Danach ist die Demontage des Tripodegelenks wie folgt möglich:

  • Abnehmen der nadelgelagerten Kugelrollen.
  • Sprengring mit einer Sprengringzange abnehmen.
  • Zapfenstern von der Welle abziehen. Unter Umständen muss die Welle^ mit Hilfe einer Presse aus dem Zapfenstern herausgedrückt werden. In diesem Fall ist der zweite Sprengring vorher mit der Sprengringzange auf der Welle zurückzuschieben, um den Zapfenstern mit der Bundfläche auf die Demontagevorrichtung auflegen zu können.
  • Entfernen des zweiten Sprengringes, Lösen des Spannbandes und Abziehen der defekten Manschette.
  • Das Tripodegelenk mit den nadelgelagerten Kugelrollen stellt hinsichtlich Sauberkeit und Reparaturqualität höhere Ansprüche. Sollte die Säuberung der Teile erforderlich sein, so müssen vor der Demontage ihre Positionen unbedingt markiert werden. Dabei ist zu beachten, dass zu jeder Kugelrolle 28 Stück Nadelrollen gleicher Durchmessersortierung gehören. Die Nadelrollen sind in drei Durchmesserklassen sortiert. Fehlende Nadeln führen zwangsläufig zum Ausfall des Gelenkes.

Kugelgleichlauf-Festgelenk

Das radseitige Kugelgleichlauf-Festgelenk besitzt eine sehr hohe Grenznutzungsdauer, so dass Störungen kaum eintreten werden. Sollte wider Erwarten ein Manschettendefekt und damit die Verschmutzung zum Ausfall des Gelenkes führen, ist die Gelenkwelle vollständig zu wechseln.

Radlagerkippspiel

Das vom VEB Rotasym Pößneck neu entwickelte Radial-Schrägkugellager mit der Bezeichnung KU34 x 64 x 37 2RSR entspricht in seiner Ausführung dem modernen technischen Stand vergleichbarer Erzeugnisse und zeichnet sich durch eine hohe Laufleistung aus. Radlager dieser Art müssen mit Spiel und dürfen in keinem Fall unter Zwang laufen. Letzteres würde zu baldiger Geräuschbildung und frühzeitigem Ausfall führen. Um einen störungsfreien Lauf über eine lange Betriebsdauer zu sichern, müssen bestimmte Einbaubedingungen eingehalten werden.

Die Größe des möglichen Radlagerspieles im Einbauzustand wird von drei Einflussfaktoren bestimmt:

  1. durch die vom Radlagerhersteller garantierte Axialluft (nur mit Spezialgerät messbar);
  2. durch das Pressmaß von Schwenklager und Radlageraußenring, das sich aus der Paarung der beiden Fertigungsmaße ergibt;
  3. durch das Anzugsmoment beim Anziehen der Bundmutter mit dem Drehmomentenschlüssel.

Durch die für alle drei Einflussfaktoren geltenden Toleranzbereiche sind Einbaufälle möglich, bei denen Radlager nahezu ohne Spiel laufen, aber auch Spiele aufweisen, die bei wechselseitigem Bewegen des Vorderrades wahrnehmbar sind. Die subjektive Prüfung durch Bewegen des Vorderrades lässt jedoch keine Bestimmung der Größe des Radlagerspieles zu, sie führt erfahrungsgemäß sogar zu falschen Schlussfolgerungen. Die Messvorrichtung (Bild 5) und Meßmethode (Bild 6) ermöglichen eine genaue Prüfung des Radlagerspieles. Durch wechselseitiges Bewegen des angeschraubten Messhalters ohne großen Kraftaufwand sind die Endanschläge zu ermitteln, und der Bereich des Radlagerspieles ist an der Messuhr abzulesen.

Zulässig ist ein maximaler Bereich von 0,14mm. Bei Umrechnung auf den Abstand zum Felgenhorn ist der ermittelte Wert mit dem Faktor 1,5 zu multiplizieren. Die nach dieser Meßmethode ermittelte und zulässige Größe des Radlagerspieles für die neue Radlagerung ist nach der bisherigen Verfahrensweise bei der Bewertung des Radlagerspieles an der Vorderachse des Trabant P601 zwar ungewöhnlich, aber nicht zu beanstanden.

Ersatzteile

Für den alten in der Serienfertigung abgelösten Radantrieb mit Scharniergelenkwelle werden alle Einzelteile als Ersatzteile weiter gefertigt und im Handel angeboten. Der neue Radantrieb wird auf Grund der hohen Grenznutzungsdauer der Radlagerung und der Gelenkwelle nicht als komplette Ersatzbaugruppe gefertigt. Im Handel wird ein Ersatzteilsortiment der Einzelteile angeboten, das ausreicht, um jedes Fahrzeug instand setzen zu können.
Ing. G. Ackermann
Dipl. -Ing. Max Beyer
VEB Sachsenring Automobilwerke Zwickau

Bilder:

l - Neuer Radantrieb mit Gleichlaufgelenkwelle und zweireihigem Radial-Schrägkugellager

2 - Kugelgleichlaufgelenk auf der Radseite

3 - Inneres Tripode-Verschiebegelenk

4 - Bundmutter am Achsschenkel, die durch Einkerben gesichert wird

5 - Messhalter (oben) und Messeinsatz

6 - Messmethode zur Prüfung des Radlagerkippspiels

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