1.1.2 Masse-Leistungs-Verhältnis
Ideal für den Anhängerbetrieb, insbesondere für das Ziehen von Campinganhängern, sind Pkw mit Motorleistungen ab 44 kW1 (60 PS). Solche Motorleistungen gestatten es ausnahmslos allen Fahrern von Pkw-Zügen, im Straßenverkehr zügig mitzufahren. Aber was hilft's. Auch die Besitzer von Fahrzeugen mit Motorleistungen von 18... 33 kW (24,5...45 PS) wollen und sollen ihre Freude an Lasten- oder Campinganhängern haben. Dennoch ist es nicht uninteressant zu wissen, dass erst etwa die doppelte bis dreifache Motorleistung das Fahren mit Anhänger zur Freude macht, eben, weil der Zug dann gut beschleunigt und auch auf Fernverkehrsstraßen oder Autobahnen im 60er Schnitt gefahren werden kann.
Einigermaßen exakte Leistungsaussagen für den Anhängerbetrieb lassen sich nur anhand des Masse-Leistungs-Verhältnisses ermitteln, wobei ein Verhältnis von 34... 41 kg/kW (25...30 kg/PS) erstrebenswert ist; denn je größer dieser Wert, um so ungünstiger ist das Verhalten des Zuges im praktischen Betrieb. Tabelle 2 gibt über das Masse-Leistungs-Verhältnis der aus üblichen Pkw und zulässigen Anhängelasten zusammengestellten Züge einen Überblick. Für uns ist daraus von Bedeutung, dass dieses Verhältnis mit zunehmender Nutzmasse in Zugfahrzeug und Anhänger ungünstiger wird und damit zwangsläufig die Beschleunigung des Zuges mehr oder weniger stark nachlässt. Insbesondere für Überholvorgänge gilt es daraus die Schlussfolgerung zu ziehen, davon solange abzusehen, bis wirklich ein sicheres Überholen des noch langsameren Fahrzeuges möglich ist.
1 kW = Kilowatt; 1 kW = 1,36 PS oder 1 PS = 0,736 kW
Tabelle 2: Masse-Leistungs-Verhältnis bei Anhängerbetrieb
Fahrzeugtyp | Leermasse | Gesamtmasse1) | Motorleistung | Masse-Leistungsverhältnis2) | |
(kg) | (kg) | (kW/PS) | (kg/kW) | (kg/PS) | |
Trabant | |||||
601 L | 615 | 1300/1400 | 19,1/26 | 68,1/73,3 | 50,0/53,9 |
601 U | 650 | 1 340/1440 | 19,1/26 | 70,2/75,4 | 51,5/55,4 |
Saporoshez | |||||
966/968 | 810 | 1410/- | 29,4/40 | 48/- | 35,3/- |
Skoda | |||||
1000 MB | 755 | 1 510/1 780 | 31,6/43 | 47,8/56,3 | 35,1/41,4 |
S100 | 805 | 1 580/1 780 | 29,4/40 | 53,7/60,5 | 39,5/44,5 |
S105S | 855 | 1 685/1 835 | 33,9/46 | 49,7/55,6 | 36,6/41,0 |
S105L | 875 | 1685/1885 | 33,9/46 | 49,7/55,6 | 36,6/41,0 |
S120L | 865 | 1 685/1 885 | 38,3/52 | 44,0/49,2 | 32,4/36,3 |
S120LS | 885 | 1 685/1 885 | 42,7/58 | 39,5/44,2 | 29,1/32,5 |
Wartburg | |||||
353 W/L | 920 | 1 820/1 970 | 36,8/50 | 49,5/50,8 | 36,4/39,4 |
353 W/T | 970 | 1910/2060 | 36,8/50 | 51,9/56,0 | 38,2/41,2 |
Dada 1300 | 935 | 1750/2060 | 39,7/54 | 44,1/51,9 | 32,4/38,2 |
Zastava 1100 | 835 | 1675/1915 | 40,5/55 | 41,5/47,3 | 30,5/34,8 |
Polski-Fiat | |||||
1300 | 990 | 1870/2170 | 44,1/60 | 42,4/49,2 | 31,2/36,2 |
1500 | 1020 | 1950/2450 | 55,1/75 | 35,4/44,5 | 26,0/32,7 |
Shiguli/Lada | |||||
2101 | 980 | 1 855/1 955 | 44,1/60 | 42,1/44,3 | 30,9/32,6 |
2102 | 1010 | 1940/2040 | 44,1/60 | 44,0/46,3 | 32,3/34,0 |
21011 | 955 | 1855/2155 | 50,8/69 | 36,5/42,4 | 26,9/31,2 |
2103 | 1020 | 1970/2220 | 55,1/75 | 35,8/40,3 | 26,3/29,6 |
2106 | 1020 | 1970/2 220 | 57,5/78 | 34,3/38,6 | 25,3/28,5 |
Moskwitsch | |||||
408/IE | 1045 | 1980/2170 | 36,8/50 | 53,8/59,0 | 39,6/43,4 |
412 | 1050 | 1985/2175 | 55,1/75 | 36,0/39,5 | 26,5/29,0 |
2140 | 1080 | 2040/2 230 | 55,0/75 | 37,1/40,6 | 27,2/29,7 |
Wolga GAS 24 | 1455 | 2330/2 580 | 66,2/90 | 35,2/39,0 | 25,9/28,7 |
1)
Zugfahrzeug mit Anhänger bei max. Zuladung ungebr./gebremst2)
Zugfahrzeug mit Anhänger bei max. Zuladung u. Anhängelast, Anhänger ungebr./gebremstWelches Masse-Leistungs-Verhältnis weist dann nun der eigene Anhängerzug auf? Jeder Gespannfahrer sollte sich das selbst einmal errechnen. Die entsprechende Kennzahl ergibt sich aus
Es bedeuten:
K = Masse-Leistungs-Verhältnis
mgesZ = Leermasse plus Nutzmasse des Zugfahrzeugs
mgesH = Leermasse plus Nutzmasse des Anhängers
Pges = max. Motorleistung des Zugfahrzeugs
An einem Beispiel sei das verdeutlicht, und zwar am Zugfahrzeug WAS 2103 mit Campinganhänger Intercamp HS.
Zugfahrzeug | |
Leermasse | 1020 kg |
Nutzmasse | 400 kg |
Gesamtmasse | 1420 kg |
Leistung bei 5600 U/min | 55,1 kW (75 PS) |
zul. Anhängelast | 800 kg gebremst |
Anhänger | |
Leermasse | 550 kg |
Nutzmasse | 150 kg |
Gesamtmasse | 700 kg |
Daraus ergibt sich:
Die errechneten 38,5 kg/kW (28,3 kg/PS) liegen im gewünschten Bereich von 34... 41 kg/ kW (25...30 kg/PS).
Beim WAS 2103 können wir also die Gewissheit haben, dass bei ihm trotz des hohen Luftwiderstandes des Campinganhängers noch genügend Leistungsreserven für gegebenenfalls erforderliche Beschleunigungsvorgänge zur Verfügung stehen bzw. nicht bei jeder kleinen Steigung im dritten oder gar zweiten Gang gefahren werden muss. Das relativ günstige Masse-Leistungs-Verhältnis ändert sich jedoch auch beim WAS 2103 sofort in negativer Richtung auf 40,3 kg/kW (29,6 kg/PS), wenn wir statt des 700-kg-An-hängers Intercamp HS einen noch größeren Anhänger mit der beim WAS 2103 möglichen Gesamtmasse von 800 kg anhängen, wie es umgekehrt auf 36,7 kg/kW (27,0 kg/PS) sinkt, wenn beispielsweise der Campinganhänger Friedel mit einer Gesamtmasse von nur rund 550 kg mitgeführt wird. Aus diesen Werten - das ist insbesondere für Besitzer von kleineren Zugfahrzeugen wichtig - lässt sich somit ableiten, dass es in unserer Hand liegt, wie wir das Masse-Leistungs-Verhältnis unseres Zuges gestalten. Eine größere Zuladung verschlechtert es, eine geringere Zuladung gestaltet es günstiger! Als Vergleich zum WAS 2103 möge uns der Skoda S 100 unter den gleichen Bedingungen dienen. Für ihn gelten ja bekanntlich:
Zugfahrzeug | |
Leermasse | 805 kg |
Nutzmasse | 375 kg |
Gesamtmasse | 1 180 kg |
Leistung bei 4450 U/min | 29,4 kW (40 PS) |
zul. Anhängelast | 600 kg gebremst |
Anhänger | |
Leermasse | 550 kg |
Nutzmasse | 150 kg |
Gesamtmasse | 700 kg |
Das ergibt nach der vorstehenden Rechnung für den Skoda-Zug ein Masse-Leistungs-Verhältnis von 60,5 kg/kW (44,5 kg/PS). Darum dürfte auch einleuchten, dass mit ihm ein zügiges Fahren im Straßenverkehr kaum noch möglich ist. Dennoch ist der Skoda S 100 für den Campinganhänger Intercamp HS, der nur in gebremster Ausführung gebaut wird und eine Leermasse von 550 kg besitzt, zugelassen.
Unerwähnt soll in diesem Zusammenhang nicht bleiben, dass bei kürzeren Fahrten mit Anhänger die sich aus dem Masse-Leistungs-Verhältnis im Fahrbetrieb ergebenden Beeinflussungen hingenommen werden können. Auf größeren Strecken hingegen - z. B. bei einer Campingreise nach Bulgarien - macht sich das ungünstige Masse-Leistungs-Verhältnis bei einem kleineren Zugfahrzeug mit Sicherheit dahingehend bemerkbar, dass viele Teilstrecken nur im dritten Gang zurückgelegt werden können und auch Motor, Getriebe und Kupplung stärker belastet werden als von ihren Konstrukteuren vorgesehen. Hinzu kommt ein erheblicher Mehrverbrauch an Kraftstoff.
Als Schlussfolgerung aus unseren Rechenbeispielen ergibt sich somit, dass wir uns unbedingt vor dem Kauf eines Lasten-, Zelt oder Campinganhängers - und zwar ausgehend vom vorhandenen Zugfahrzeug - überlegen sollten, für welchen Zweck der
Anhänger am meisten verwendet werden wird. Fährt man beispielsweise mit dem Campinganhänger überwiegend nur kurze Strecken oder stellt man denselben während der Sommermonate sogar auf einem Campingplatz ab, so kann das leichtere Zugfahrzeug hinsichtlich seiner zulässigen Anhängelast selbstverständlich voll ausgelastet werden. Das gilt selbst dann noch, wenn vielleicht alle 3...5 Jahre eine größere Campingreise unternommen wird. Hierbei muss man sich dann allerdings mit der Leistung zufrieden geben, die das leichtere Zugfahrzeug -gerechnet Werden hierzu allgemein Fahrzeuge bis zu 33,1 kW (45 PS) Motorleistung - aufzubringen in der Lage ist. Und dazu gehört, dass die Reisezeiten länger werden und auch vielfach im kleineren Gang gefahren werden muss.
In Abbildung 1 ist die erforderliche Motorleistung bei Anhängerbetrieb in Abhängigkeit von Anhängerart und Fahrgeschwindigkeit dargestellt. Die Kurve 1 veranschaulicht den Idealzustand, d.h. den Leistungsbedarf beim Fahren in der Ebene und ohne Windeinfluss. Im Gegensatz dazu ist aus Kurve 2 ersichtlich, wie stark der Leistungsbedarf bei Gegenwind von etwa Stärke 7 (Wind bewegt schwache Baumstämme, Windgeschwindigkeit etwa 50 km/h) ansteigt bzw. wie stark die Geschwindigkeit unter diesen Bedingungen abfällt. Insbesondere unerfahrene Fahrer eines Anhängerzuges vermuten bei solch einem rapiden Geschwindigkeitsabfall darum auch leicht einen Defekt am Zugfahrzeug. Dazu besteht in einem solchen Falle wirklich kein Grund. Der Geschwindigkeitsabfall ist einzig und allein auf den erhöhten Strömungswiderstand des Anhängerzuges, insbesondere des Campinganhängers, zurückzuführen. Man schaltet darum auch in den entsprechenden Gang, was dem Motor wieder die Abgabe der notwendigen Leistung ermöglicht, und strebt weiter seinem Ziel entgegen. Die Kurve 3 erklärt uns schließlich den Leistungsbedarf beim Fahren in der Ebene mit Lasten- oder Wohnzeltanhänger.
1 Fahren mit Campinganhänger in der Ebene - Windstille
2 Fahren mit Campinganhänger in der Ebene - Gegenwind Stärke 7
3 Fahren mit Lasten - Wohnzelt ~bzw. Campinganhänger am Berg 12 % Steigung -Windstille
4 Fahren mit Lasten- bzw. Wohnzeltanhänger in der Ebene - Windstille
Abb. 1 Erforderliche Motorleistungen bei Anhängerbetrieb in Abhängigkeit von Anhängerart und Fahrgeschwindigkeit
Mehr zum Begriff „Motorleistung" im Kapitel „Anhängerbetrieb in der Praxis". Hier nur noch folgendes: Die Fahrgeschwindigkeit jedes Anhängerzuges wird immer um den Betrag abnehmen, den der Motor des Zugfahrzeugs infolge seiner Auslegung nicht aufzubringen in der Lage ist. Sichtbar wird das daran, dass beispielsweise der Skoda mit seinen 29,4 kW (40 PS) unter den Bedingungen der Kurve 3 im Höchstfalle rund 40 km/h erreicht, während es der WAS 2101 oder der Polski-Fiat 1300 mit ihren 44,1 kW (60 PS) noch auf über 50 km/h Geschwindigkeit bringen. Und das bestätigt unsere eingangs getroffene Feststellung, nach der ein Zugfahrzeug im Anhängerbetrieb mindestens 44 kW (60 PS) besitzen sollte, eben, um in allen Verkehrssituationen zügig mitfahren zu können.
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