Zusatzgebläse für die Heizung
Veranlasst durch den Artikel im Heft 2/69 "Der Deutsche Straßenverkehr" und der daraufhin einsetzenden Korrespondenzflut wurden in der Firma Doerfel durch eine Reihe von Messfahrten die verschiedenen Verhältnisse untersucht. Da die Zahl der Interessenten nicht unerheblich ist, erscheint es angebracht, die Ergebnisse an dieser Stelle bekannt zu geben. Bereits vor der Veröffentlichung der ersten Einbauanleitung waren mehrere Möglichkeiten erörtert worden. Nach den in der beschriebenen Vielzahl eingereichten Verbesserungen wurden zwei Gruppen von Einbauvarianten eingeteilt:
1. Parallelschaltung, bei der die beiden luftführenden Aggregate, Kühlgebläse und Zusatzgebläse nebeneinander angeordnet sind.
2. Reihenschaltung, wobei die beiden Aggregate hintereinander angeordnet sind.
Bei einer umfangreichen Untersuchung und Gegenüberstellung der beiden Gruppen wurden Anfang März 1969 die Einbauvariante laut Anleitung der Firma Doerfel, stellvertretend für die erste Gruppe, und die Anordnung entsprechend des Vorschlages im Heft 2/69 der Zeitschrift "Der Deutsche Straßenverkehr", stellvertretend für die zweite Gruppe, gemessen. Vergleicht man die auf den Kurvenblättern grafisch dargestellten Messwerte, erhält man Antwort auf manch offene Frage.
Im Heft 2/69 wurde zum Beispiel bei der Parallelschaltung mit Einmündungsstück als Nachteil angegeben, dass bei stillstehendem oder mit niedriger Drehzahl laufendem Motor ein großer Teil der Gebläseluft nicht durch den langen Leitungsweg über den Vorschalldämpfer zum Innenraum, sondern auf dem viel kürzeren Weg in das Kühlluftgehäuse des Motors strömt. Im Stadtverkehr mit häufigem Anhalten an Kreuzungen usw. ist deshalb der Wirkungsgrad recht ungünstig."
Es hat sich erwiesen, dass zwar bei stillstehendem Motor dadurch ein Verlust von 19 Prozent Luftmenge entsteht, aber der Verlust verschwindet schon beim Starten des Motors. Im Leerlauf-Drehzahlbereich ist der Schnittpunkt der beiden Kurven (mit Einmündungsstück und ohne Einmündungsstück) bereits überschritten. Das heißt, im Fährbetrieb gibt es praktisch keinen Verlust. Die 19 Prozent bei stillstehendem Motor sind zu verschmerzen.
Beim Nachheizen im Stand und beim Zehren von der in der Masse gespeicherten Wärme wird durch diese geringe Luftmenge die Zeit der möglichen Nachheizung nur verlängert.
Die im Artikel aufgeführten Vorteile der Reihenschaltung treffen jedoch auch für die Parallelschaltung zu. Der vermutete Vorteil im Zusammenhang mit den 19 Prozent Verlust bei stillstehendem Motor wirkt sich hier nicht aus, da durch die Anordnung in Reihe der Widerstand im Strömungsverlauf größer ist. Diese negative Beeinflussung erweist sich bis in den mittleren Drehzahlbereich hinein. Bei der Anordnung des Gebläses im Heizluftstrom bestehen nach wie vor Bedenken, obwohl bei den Messungen nicht mehr die hohen Temperaturen im Heizluftstrom gemessen wurden, wie etwa 1966 noch im Trabant 500. Dieses Mal wurde die Temperatur von + 80 °C kaum überschritten. Aber es tritt ja außerdem noch der Wärmestau bei zum Beispiel nach anstrengender Bergfahrt abgestelltem Fahrzeug auf.
Bei eigenen Versuchen mit dieser Anordnung wurden zwar noch keine durch zu hohe Temperatur deformierten Plast-Gebläseräder festgestellt, aber dass die Bedenken nicht unbegründet sind, beweisen diesbezügliche Rückfragen und Ersatzlieferungen. Aus all diesen Gründen sieht sich die Firma Doerfel nicht veranlasst, die Anordnung des Zusatzgebläses in der Einbauanleitung anders zu empfehlen, bzw. die beschriebenen Teile in einer anderen Form zu fertigen.
Gelegentlich dieser Betrachtungen zeigen die grafischen Darstellungen auch gleich den Wirkungsumfang des Zusatzgebläses bei verschiedenen Motordrehzahlen und Geschwindigkeiten. Bei niedrigen Drehzahlen ist das Zusatzgebläse am wirkungsvollsten. Im Leerlauf (etwa 1000 U/min) erhöht es die geförderte Luftmenge bei Parallelschaltung um 170 Prozent bzw. bei Reihenschaltung um 100 Prozent, verglichen mit der serienmäßigen Ausführung "nur Kühlgebläse". Mit steigenden Motordrehzahlen werden die Unterschiede immer geringer. Bei 2800 U/min (Drehzahl des maximalen Drehmoments) fördert auch das parallel geschaltete Zusatzgebläse nicht mehr als die serienmäßige Anlage. Oberhalb dieser Drehzahl tritt sogar ein Verlust ein. Bei der Reihenschaltung ergaben sich ähnliche Verhältnisse. Auch hier gibt es bei höheren Drehzahlen Verluste, weil mit steigender Luftgeschwindigkeit in der Leitung und dadurch auch im Zusatzgebläse die Widerstände mit steigen.
Ein Fahrer, der vorwiegend den oberen Drehzahlbereich bevorzugt, könnte daraus schließen, das Zusatzgebläse sei für seine Verhältnisse fehl am Platze. Bei dieser Überlegung sollten aber der Leerlauf-Drehzahlbereich (Warten an Kreuzungen usw. und Talfahrten im 4. Gang) sowie der Vorteil des Nachheizens bei Fahrtunterbrechungen und Standentfrostung nicht vergessen werden.
Es muss noch darauf hingewiesen werden, dass die beschriebenen Verhältnisse im Trabant 601 mit P-60-Motor (23 PS) festgestellt worden sind. Da das Übersetzungsverhältnis beim Antrieb des Kühlgebläses für den Trabant 601 mit P-63-Motor (26 PS) geändert wurde und damit mehr Luft gefördert wird, ist noch abzuwarten, wie weit im Gesamtdrehzahlbereich der Vorteil des Zusatzgebläses reicht. Es ist mit einem zeitigeren Beginn der Luftförderung innerhalb des Gesamtdrehzahlbereiches zu rechnen. Dieser Gewinn dürfte jedoch für eine Standentfrostung bei Leerlauf kaum ausreichen. Ein gesondert angetriebenes Heizgebläse wird für die zukünftigen Serien unbedingt empfohlen. Ein nachträglicher Einbau des Zusatzgebläses in der jetzigen Ausführung laut Einbauanleitung für Trabant 601 mit P-60-Motor ist wegen des wieder hinzugekommenen Heizungsgeräuschdämpfers (an der Spritzwand) mit Schwierigkeiten verbunden. Das Zusatzgebläse könnte aber zum Beispiel auf dem linken Radkasten nahe dem Stoßdämpferdom Platz finden. Dazu wäre lediglich eine Änderung der Befestigung notwendig.
Ing. Heinz Zorn
Leiter der Abt. Konstruktion
in Fa. Richard Doerfel KG.
EINDRÜCKE UND MESSWERTE
Als wir vor etwa einem Jahr die verschiedenen Varianten mit dem Zusatzgebläse erprobten, waren wir der Meinung, dass die Reihenschaltung, wie im Heft 2/1969 vorgeschlagen, die bessere Lösung ist. Eindrücke können auch täuschen, wie die Diagramme zeigen. Die Luftmenge, die in dieser oder jener Variante in einem bestimmten Zeitraum gefördert wird, ist aber nicht das einzige Kriterium für die Wirksamkeit einer Heizung. Auch die Temperaturen spielen eine wesentliche Rolle.
Wir haben uns damals vor allem deshalb für die Reihenschaltung entschieden, weil sie uns den Eindruck vermittelte, dass der aus den Düsen im Wageninneren austretende Luftstrom kräftiger ist und dass es im Wagen schneller warm wird. Zum Beispiel war bei parallel angeordnetem Zusatzgebläse im Stillstand des Fahrzeugmotors nur ein leises Lüftchen zu spüren, bei Reihenschaltung dagegen ein kräftiger Luftstrom. Die Messungen der Firma Doerfel sagen jedoch aus, dass die Luftmenge bei Motordrehzahl 0 in beiden Varianten 60 m3/h beträgt. Bei 1000 U/min (etwa im Leerlauf) ist die geförderte Luftmenge bei Parallelschaltung um 30 Prozent größer als bei Reihenschaltung, wie die Kurven zeigen.
Ähnliche Unterschiede sind auch bei Stadtgeschwindigkeiten (40 bis 50 km/h) vorhanden. Nach unserem Eindruck müsste es umgekehrt sein, denn uns erscheint gerade in diesem Bereich der Luftstrom bei Reihenschaltung kräftiger als bei Parallelschaltung. Aber Eindrücke sind eben keine Messungen.
Es würde uns interessieren, welche Erfahrungen unsere Leser gemacht haben, die das Gebläse sowohl in Parallelschaltung erprobten und später auf Reihenschaltung umgebaut haben. Uns liegen zahlreiche Vorschläge für den Umbau vor. Bisher hat uns aber niemand mitgeteilt, dass die Parallelschaltung günstiger ist bzw. dass jemand nach erprobter Reihenschaltung den Originalzustand wieder hergestellt hat.
Für den Einbau des Zusatzgebläses haben wir inzwischen eine Reihe von Vorschlägen erhalten, die mit geringerem Aufwand zu realisieren sind als unsere im Heft 2/1969 veröffentlichte Variante. Den nach unserer Ansicht günstigsten Einbau zeigen die beiden Fotos. An dieser Stelle stört das Gebläse auch bei Reparaturen und Pflegearbeiten am wenigsten. Bei beiden Vorschlägen handelt es sich um Reihenschaltungen. Das Zusatzgebläse lässt sich aber an dieser Stelle genau so gut parallel schalten. Die Ansaugöffnung bliebe dann frei, und von der Ausblasöffnung führte das Kopex-Rohr zum Einmündungsstück am Vorschalldämpfer. Auch für den Sommerbetrieb könnte sowohl die Reihenschaltung wie auch die Parallelschaltung angewendet werden. Bei Parallelschaltung müsste das Einmündungsstück am Stirnwandstutzen neben dem Tank eingesteckt werden. Ein Rohr führt von hier aus zum Lufteinlass in der Frontverkleidung, ein zweites zum Gebläse.
Eines möchten wir aber besonders betonen. Es gäbe keinen Grund, Zusatzgeräte dieser Art einzubauen, die verschiedensten Möglichkeiten zu erproben usw., wenn die serienmäßige Heizung des Trabant den Anforderungen gerecht werden würde. Das ist aber besonders bei niedrigen Geschwindigkeiten im Stadtverkehr usw. nicht der Fall. Das Zusatzgebläse - ganz gleich in welcher Schaltung - ermöglicht eine Verbesserung der Heizung und Entfrostung, die vom Automobilwerk Sachsenring bisher leider vernachlässigt wurde.
Aus DDS Dezember 1969
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