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Vor 62 Jahren

Folgende Veränderungen wurden am Trabant vorgenommen:
07.12.1962:
  1. Freigabe 1:33 auch für Einfahrphase
  2. Türschloß links
Aktuelle Trabantnews

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Neuigkeiten, die aktuell sind und den Trabant und die Szene berühren

Die Legende aus Zwickau

2003-06-20 00:00:01 Geändert: 2008-09-04 17:44:06 (2) (Gelesen: 12609)
Im Sommer 1989 verließen unter dem Motto Deutschland, Deutschland über Ungarn! Zehntausende per Trabant die DDR, und noch in den Abendstunden des 9. November gab es den ersten Trabi-Megastau in Berlin an der Bornholmer Brücke. Spätestens in diesem Augenblick wurde der Sachsenporsche zur Legende.
Was nur hat der Trabi, das kein anderes Auto hat? Er hat die Kraft der zwei Kerzen. Am 30. April 1991 am Vorabend des Tages der Arbeit, rollt in Zwickau der allerletzte vom Band - die pinkfarbene Nummer 3096099. Ein Augenblick der Wehmut in einer Zeit steigender Erwerbslosigkeit, und ganz ohne Tränen ging es nicht ab. Tischlermeister Brückner aus Zwickau-Plamitz, der für 7 000 Mark West einen der letzten erwarb, kommentierte das Ende so: "Der Trabant war in meinen Augen immer ein Symbol der Arbeit."
Doch der Zwickauer Automobilbau ist nach wie vor vital. Auf dem Gelände der einstigen Trabantschmiede VEB Sachsenring stellt inzwischen die Sachsenring Automobiltechnik AG Teile und ganze Baugruppen für diverse Autotypen her - so erfolgreich, daß die Firma Anfang Oktober 1997 als erstes Ost-Unternehmen an die Börse gehen konnte. Schon folgt das nächste Großereignis: Am 7. November 1997 steigt im ehemaligen Werk II zum 40. Jubiläum der Rennpappe die große Geburtstagsfete. Dort nämlich begann am 7. November 1957 die Serienproduktion des AWZ 500, wie der Ur-Trabi seinerzeit hieß. Gesellschaftliche Höhepunkte dieses Kalibers fanden zu DDR-Zeiten ja stets an geräuschvollen Jahrestagen statt, weil es gerade so schön paßte, startete der kleine Trabant ausgerechnet am 40. Jahrestag der großen Oktoberrevolution.
Mit seiner sagenhaften Beschleunigungsleistung - von null auf hundert bis Sonnenuntergang - war er Weltniveau im DDR-Maßstab. Seit an Seit mit dem VW-Käfer steht der Volkswagen des Ostens im Londoner Design-Museum, dem globalen Heiligtum der industriellen Formgestaltung. In München sind mehr Trabis zugelassen als Rolls-Royces - vor allem natürlich zum Auffallen und Angeben - und überhaupt gilt der Trabant als das meistgeklaute Auto Europas. Der Verband der Schadensversicherer teilt mit, daß Jahr für Jahr von eintausend kaskoversicherten Trabis siebzehn gemaust werden.
Der Trabant war sogar Filmstar, und zwar gemeinsam mit Wolfgang "Stumpi" Stumph im Roadmovie Go Trabi go! Im Film fragt ein Automechaniker: "Wie heißt er denn?" Hauptdarsteller Stumpi: "Er heißt Schorsch." Mechaniker: "Na ja, so'n Auto ist ja auch nur'n Mensch..."
So unglaublich es inzwischen klingt - gleichrangig mit dem Dackel gehörte der Trabi zur Familie. Nicht nur im Film, sondern auch im richtigen Leben erfreute er sich zumeist eines klangvollen Vornamens: Willi, Kalle I oder Kalle II. Er hatte Kosenamen noch und noch: Gehilfe, Pappschachtel, Asphaltblase und kurz vor glückte ihm sogar noch die Wahnsinns-Karriere zum Mercedes-Krenz.
Zahllose Witze gingen auf seine Kosten: Der Trabant ist zwar in verschiedenen Farben lieferbar, nicht aber in schwarz. Frage: Warum nicht? Antwort: Um jede Verwechslung mit einem Brikett zu vermeiden! Oder: Den Trabant gib's auch in einer Sport-Ausführung - zu erkennen an den Turnschuhen im Handschuhfach. Oder: Zwei Trabis stoßen frontal zusammen. Obwohl in jedem der beiden Autos nur jeweils einer sitzt, gibt es dreizehn Verletzte - außer den beiden Chauffeuren noch elf Personen, die beim gnadenlosen Kampf um die Ersatzteile zu Schaden kommen.
Kfz-Kalauer dieser Sorte kann man im Magazin für Trabifreunde auf Seite 34 nachlesen, im Super-Trabi, der vierteljährlich zum Preis von 5 Mark in Zwickau erscheint. Viele Trabi-Halter allerdings, sagt Redakteur Edgar Haschke, betonen in Leserbriefen, daß sie despektierliche Gags und Witze über ihren vierrädrigen Liebling ganz und gar nicht schätzen.
Noch heute knattern rund 450 000 Exemplare über Stock und Stein und das Sraßenpflaster der fünf Kontinente. Es gibt also doch ein Leben nach dem Tode: Im Sommer des Jahres 96 machte bei der berühmten Steuben-Parade auf der Fifth Avenue in New York ein Trabant Furore, ein Lösch-Trabi, mit Feuerleiter und Stahlrohr - eine humoristische Weiterentwicklung der befreundeten Berliner Feuerwehren. Starts in Übersee sind für den Arbeiter-und-Bauern-Volvo nichts. Ungewöhnliches mehr, mittlerweile hat er fast alle Gebirge dieser Welt überwunden und alle Wüsten durchquert. In London ersteigerte ein Snob für umgerechnet 48 000 Mark einen Trabant, den die irische Rockgruppe U2 als Reklamemobil gefahren hatte, und in Zwickau gibt es ein Lokal mit dem Namen "Trabi live", wo der Schnaps "Trabi Power" verabfolgt wird und das Bier "Trabi de luxe" vom Hahn läuft. Weltweit gibt es mehr als siebzig Fanclubs. Lebte Karl May noch, er wäre gewiß entzückt von dem Umstand, daß selbst in Oklahoma/USA Mr. Shoemaker vom Stamm der Irokesen allein drei Duroplast-Mustangs besitzt. Bei jedem Trabi-Treff gibt es außer motorisierter Geselligkeit knallharte technische Wettkämpfe, etwa Rad- oder Motorwechsel nach Zeit. Der Rekord in der Disziplin Keilriemenwechsel steht bei 3 Minuten 04 Sekunden (1996), und das ganze Vogtland fiebert alljährlich dem Reichenbacher Stoppelfeldrennen entgegen, das der Formel 1 an Dramatik deutlich überlegen ist.
Woher rührt die geheimnisvolle Popularität dieses technisch eher bescheidenen Vehikels? Steckt gar die auffällige Vergeblichkeit innovativer Bemühungen dahinter, wie sie charakteristisch war für den wirtschaftsschwachen Sportgigangen DDR? Von 1958 bis 1983 leitete Dr. Werner Lang die Konstruktionsabteilung VEB Sachsenring. Da sich jahrzehntelang weder die äußere Gestalt noch die Technik des Fahrzeugs nennenswert änderten, mußte Lang seitdem ungezählte Male die hämische Frage beantworten, was sie da an ihren Reißbrettern jahrzehntelang eigentlich so getrieben hätten. "Wir haben nie aufgehört, neue Autos zu entwickeln", sagt er. Besonders viel versprochen hatten sich die Konstrukteure von ihrem P603, dem ersten Vollheckfahrzeug in Europa, das 1968 serienreif war. Wenn dieses unbekannte Fahrobjekt mit 180 Sachen zwischen Zwickau und Dresden über die holprige Autobahn düste, kamen selbst Porschepiloten ins Grübeln.
"Mit dem P603", behauptet Lang, "hätten wir international einen technischen Vorsprung von zwei Jahren gehabt." Hätten! Mit einem Federstrich besiegelte Politbüro-Zampano Günter Mittag auch das Schicksal des P603. Die Entscheidung lautete wie stets: Der Trabant reicht aus für die Versorgung unserer Werktätigen.
Jahrzehntelang war der Trabant ein Objekt der Begierde. Mittlerweile ist er ein Objekt der dritten Art, eine Art Bastelpaß für große Jungs von vierzehn bis vierundachtzig. Diese indes sind eine Massenorganisation. Die Leidenschaftlichsten versammeln sich jedes Jahr zur Super-Mega-Trabi-Geburtstagsfete - mit Trabi-Shows und Trabi-Queen. Und natürlich fehlt die Ersatzteil-Tauschbörse nicht, die all das bietet, was zu DDR-Zeiten, wenn überhaupt, nur als Bückware zu haben war: Schneeketten, Scheibenwischer, Zylinderkopfdichtung. Der Erlös kam dem Sonderkonto für ein "Original"-Trabi-Denkmal zugute, das 1998 enthüllt wurde. Der Bildhauer Berthold Dietz aus Lichtentanne entlockte es derzeit mittels Schlagmeißel einem dreieinhalb Tonnen schweren Sandsteinblock , das Denkmal aus Stein für die Fahrer aus Stahl.
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