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Fahrbericht Trabant P601L - Motor

2003-09-29 00:00:01 Geändert: 2008-09-04 17:44:06 (2) (Gelesen: 13025)
Uralt-Technik

Uralt-Technik: Unter der Trabant-Haube dengelt, abgesehen von den wenigen Exemplaren zum Schluss, der berüchtigte "Zweedagdr"

Die Antriebseinheit des Trabant ist ein Anachronismus ohne Beispiel. Ein Zweizylinder-Zweitakter, auch noch in der rüttelfreudigen Twin-Bauweise (beide Kolben bewegen sich parallel nach oben und unten), mit sage und schreibe 594 Kubikzentimeter. Den Schmierstoff erhält das Aggregat mit jeder Tankfüllung und verbrennt ihn gleich mit. Die prinzipbedingt hohe Leistungsausbeute des "Gemisch-Trinkers" konterkariert eine rigide Drosselung, so dass das Motörchen gerade mal 26 PS leistet.
Wir sind also theoretisch gewappnet. Nicht vorbereitet sind wir indes auf das eigenwillige Schaltschema der Krückstockschaltung, in der der Neuling herumrührt wie in einem schlecht gemischten Hefeteig. Der Vorbesitzer gibt einen Schnellkursus. Der offenbart, dass die Schaltebenen nicht nur im 45-Grad-Winkel nach rechts gekippt, sondern auch noch seitenverkehrt sind. Der Erste sitzt rechts vorne und schräg unten. Wir probieren es aus und stellen fest: Das Pedalgefühl der Kupplung gleicht dem Tritt in einen Kuhfladen und um zu spüren, wo sich in der Tiefe des Raumes die Gänge verbergen, muss man vermutlich Lenin gelesen haben.
Egal. Motor starten funktioniert wie gewohnt mit Zündschlüssel. Ein fieses Anlassergeräusch, der Motor schüttelt sich dumpf in seinen Lagern und dann läuft er: Rängdängdäng, wie ein Moped, aber mit mehr Schwungmasse. Ein bisschen Teigrühren bis der erste Gang drin ist und los geht's. Erstaunlich willig übrigens. Kein Wunder. Laut Bedienungsanleitung stemmt der Zweitakter bei 3000 U/min über 50 Nm auf die Kurbelwelle. Damit ist das Drehmoment-Gewichtsverhältnis auch nicht viel schlechter als bei einem 50-PS-Lupo.
Schnell gewinnt man Spaß daran, die Fuhre in Schwung zu halten. Damit einem nicht vor lauter Fahrspaß der Gaul durchgeht, haben die Genossen ein rundes Dioden-Display eingebaut, das die Öffnung der Drosselklappe und damit den Spritverbrauch anzeigt. Die ersten vier Dioden sind grün und reichen im Vierten für fast 80 km/h, dann folgen schon mahnend gelbe Leuchten. Wer nur maximal drei grüne Lämpchen zum Leuchten bringt, soll laut Vorbesitzer mit einem Verbrauch um drei Liter pro 100 Kilometer belohnt werden. Wir verbrauchen mehr als sechs. Wahrscheinlich haben wir den serienmäßigen Freilauf nicht häufig genug zum Einsatz gebracht. Er entkoppelt im vierten Gang Motor und Antriebsstrang, um den Schwung ohne Motorbremsmoment auszunutzen.
Das könnte der Trabbi auch im Dritten gebrauchen. Denn wer wie gewohnt mit Gang bremst, bringt das ganze Auto unwillig zum Rütteln, als hätte er Känguru-Benzin getankt.
Davon abgesehen ist der Trabant-Antrieb allein wegen seiner Urwüchsigkeit ein Quell der Freude. Er gibt einem das gute Gefühl, ganz nah dran zu sein an der Maschine, die einen fortträgt, wenn man sie nur gut behandelt.
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