Der neue Vergaser BVF 28 H 1-1
Weitere Infos: Instandhaltung des Trabant-Vergasers 28 H 1-1 (siehe unten rechts Link 'Mehr')
Weitere wichtige Infos über Der neue Vergaser des VEB Berliner Vergaser- und Filterwerke für den Trabant 601: BVF 28 H 1-1
Dipl.-Ing. Chr. Müller (KDT), VEB Berliner Vergaser- und Filterwerke, Berlin
Am Motor des PKW Trabant 601 wurde bisher der Vergaser 28 HB als Gemischbildner verwendet. Dieser konstruktiv relativ einfach aufgebaute Vergaser erhielt zwar im Laufe der Zeit kleinere Änderungen, das grundsätzliche Wirkprinzip der Einzelsysteme blieb jedoch bestehen. Beispielsweise erfolgte eine Überarbeitung des Leerlaufvergasersystems (Vergaser 28 HB 3-1), und beim Typ 28 HB 4-1 wurde eine Abmagerung im unteren Teillastgebiete durch den Einsatz eines Luftsteuerventils erzielt, wobei eben auch nur in diesem Bereich Verbrauchseinsparungen zu erzielen waren (Literatur Nachweis 1). Manche Mängel konnten aber durch die erwähnten Änderungen nicht abgestellt werden. So gab das Startvergasersystem immer wieder Anlass zu Beanstandungen vor allem wegen Undichtheiten und damit erhöhtem Kraftstoffverbrauch.
Um eine größtmögliche Verbesserung der Kraftstoffverbrauchswerte ohne grundsätzliche Änderungen am Motor zu erzielen, waren auch bei der Neukonstruktion eines Vergasers Grenzen gesetzt. Deshalb musste bei dem seit Juli 1984 in Serie produzierten Vergaser 28 H 1-1 die Senkung des Kraftstoffverbrauchs um rd. 0,2 l/100 km beim kmix (Messung im EFA-Stadtfahrzyklus, bei V=60 km/h und bei V=90 km/h) durch Einengung der Toleranzen (Vergaserendprüfung auf Fließbänken (Literatur Nachweis 2)) und eine sichere Funktion der Grundsysteme des Vergasers (Leerlaufvergaser-, Startvergaser- und Anreicherungssystem) angestrebt werden.
Da der neue Vergaser auch als Ersatz für verbrauchte Geräte der älteren Ausführungen verwendet werden soll, mussten die Haupt- und Anschlussmaße beibehalten werden. Diese Entwicklungsaufgabe wurde mit dem Vergaser 28 H 1-1 gelöst. Über den konstruktiven Aufbau des neuen Vergasers wird in den folgenden Ausführungen berichtet. In einem der nächsten Hefte soll über die Funktion sowie über Besonderheiten von Instandhaltung und Kundendienst informiert werden.
Bild 1
Ansicht des Vergasers 28 H 1-1
1 - Schlauchnippel
5 - Schwimmergehäusebelüftung
15 - Verschlussschraube vor der Leerlaufdüse
17 - Leerlaufgemischdüse
23 - Leerlaufgemisch- Regulierschraube, mit Plombe gesichert
24 - Startklappe
25 - Startgestänge
26 - Anschlagschraube für die Startstellung der Drosselklappe
Konstruktiver Aufbau der Einzelsystem
Wie bereits einleitend erwähnt, bestand bei der Konstruktion die Forderung nach Gewährleistung der Austauschbarkeit gegenüber den Vorgängertypen. Dies wurde erfüllt, wenn auch die äußeren Abmessungen des Vergasers 28 H 1-1 ein für die optimale Funktion notwendiges Minimum darstellen. Völlig verändert wurden das Leerlaufsystem und der Startvergaser. Zusätzlich wurde ein Anreicherungssystem für das obere Teillastgebiet und für Vollast konzipiert.
Bild 1 stellt eine Außenansicht des Vergasers dar, in der das neue Start- und das veränderte Leerlaufvergasersystem gut zu erkennen sind.
Anhand von Bild 2, das einen schematischen Schnitt durch den Vergaser28 H 1-1 zeigt, sollen die Einzelsysteme beschrieben werden.
Bild 2 - Schematischer Schnitt durch den Vergaser 28 H 1-1
1 - Schlauchnippel
2 - Schwimmernadelventil
3 - Schwimmer
4 - Kraftstoffhöhe
5 - Schwimmergehäusebelüftung
6 - Hauptdüse
7 - Mischrohr
8 - Ausgleichsluftdüse
9 - Zerstäuber
10 - Lufttrichter
11 - Nocken
12 - Stößel
13 - Anreicherungsventil
14 - Zusatzdüse
15 - Leerlaufdüse
16 - Leerlaufluftdüse
17 - Leerlaufgemischdüse
18 - Leelaufbohrung
19 - Übergangsbohrung
20 - Drosselklappe mit Bohrung
21 - Umgemischkanal
22 - Umgemischschraube
23 - Leerlaufgemisch-Regulierschraube (plombiert)
24 - Startklappe
25 - Gestänge
26 - Anschlagschraube für die Startstellung der Drosselklappe
Schwimmersystem
Das Schwimmersystem wurde überarbeitet, wobei der Trommelschwimmer,der seit 1983 bereits serienmäßig beim Vergaser 28 HB 4-1 im Einsatz ist, auch hier wieder verwendet wurde. Dieser Schwimmer löst den vorher montierten Zylinderschwimmer ab (siehe Bild 3). Die Belüftung des Schwimmergehäuses erfolgt vom Ansaugkrümmer des Vergasers über Nippel- und Schlauchverbindung 5. Aufgrund anderer konstruktiver Bedingungen des Vergasers 28 H 1-1 ist die Kraftstoffhöhe, von Schwimmergehäuseoberkante verändert worden (28 HB 4-1: 22 * 1,5 mm; 28 H 1-1: 26 * 1,5 mm).
Hauptvergasersystem
Die Hauptdüse (Einzelheit 6 in Bild 2) ist direkt ins Schwimmergehäuse eingeschraubt. Die Düsenhalteschraube entfällt damit. Zum Düsenwechsel muss der Schwimmergehäusedeckel demontiert werden. Es entfallen damit alle Leckverluste, die bisher durch das Gewinde der Düsenhalteschraube beim Vergaser28 HB 4-1 auftreten konnten (Ursache für streuende Verbrauchswerte). Die Voraufbereitung des von der Hauptdüse dosierten Kraftstoffes erfolgt im Mischrohrschacht, in den das Mischrohr 7 mit Ausgleichsluftdüse 8 eingeschraubt ist. Diese Gemisch tritt durch den Zerstäuber 9 in den Lufttrichter 10 aus.Parallel zum Mischrohrschacht (Einzelheit 2 in Bild 4) verläuft ein zweiter unbelüfteter Schacht 3, der über einen Kanal 4 mit ersterem verbunden ist.Dieses Ausgleichsvolumen wirkt im oberen Teillastbereich und bei Vollast als Windkessel und verringert den vor allem bei Zweitakt-Ottomotoren vorhanden Einfluss der Saugrohrschwingungen auf die Gemischaufbereitung.
Bild 3 - Schwimmerausführung am Vergaser 28 HB 4-1 und 28 H 1-1
a) Zylinderschwimmer (alte Ausführung)
b) Trommelschwimmer (Ausführung ab 1983)
Anreicherungssystem
Gegenüber dem Vergaser 28 HB 4-1, der über ein im unteren Teillastgebiet arbeitendes, mit Luft gesteuertes Abmagerungssystem verfügt, hat der Vergaser 28 HB 1-1 ein mechanisch gesteuertes Anreicherungssystem, wie es vom Vergaser 40 F 2-11 (Wartburg 353) bekannt ist. Solche Systeme haben den Vorteil, dass sich der Einsatzpunkt der Zusatzdüse exakt einstellen lässt. Der schematische Aufbau der Anreicherungseinrichtung ist in Bild 2 dargestellt.
Bei Drosselklappenöffnungswinkeln >38° wird durch den auf der Drosselklappenwelle montierten Nocken 11 der Stößel 12 nach unten gedrückt. Dadurch wird das Anreicherungsventil 13 geöffnet, und aus dem Schwimmergehäuse kann zu der aus der Hauptdüse 6 dosierten Kraftstoffmenge noch Kraftstoff durch die Zusatzdüse 14 in den Mischrohrschacht 7 gelangen. Mit diesem System besteht die Möglichkeit,im Teillastgebiet unter Verwendung einer kleineren Hauptdüse magere, verbrauchsgünstigere Gemische zu dosieren und erst in den Betriebsbereichen, in denen die volle Leistung des Motors gefordert wird, fettere, leistungsoptimale Gemische zu erzeugen. Die Zusatzdüse ist ebenfalls ohne Düsenhalteschraube in das Gehäuse eingeschraubt, jedoch leicht nach entfernen einer Verschlussschraube demontierbar.
Leerlaufvergaser- und Übergangssystem
Beim Vergaser 28 H 1-1 wurde das Leerlaufsystem gegenüber den Vorgängertypen völlig überarbeitet. Dies ergab sich insbesondere aus der Forderung, eine exakte Einstellbarkeit des Systems auf Vergaserfließbänken zu gewährleisten sowie eine bessere Tolerierung der Übergangsbohrung zu garantieren.
Es wird ein sog. Umgemischsystem angewendet, wie es bei allen neueren Vergasertypen derzeit üblich ist. Der schematische Aufbau des Leerlauf- und des Übergangsvergasersystems ist ebenfalls aus Bild 2 zu entnehmen. Wenn der Motor im Leerlauf läuft (Gaspedal nicht betätigt, Drosselklappe 20 geschlossen), kann das Hauptvergasersystem nicht arbeiten. In diesem Betriebsbereich liefert der Leerlaufvergaser das Kraftstoff-Luft-Gemisch.
Der Kraftstoff wird über den Leerlaufkraftstoffkanal aus dem Mischrohr 7 entnommen, durch die Leerlaufkraftstoffdüse 5 dosiert und gelangt dann in einen Leerlaufgemischkanal. In diesem Kanal wird über die Leerlaufdüse 16 Leerlaufluft zugeführt.
Bei dem bisher angewandten Leerlaufsystem bestimmte die Anstellung der Drosselklappe die Leerlaufdrehzahl. Da die Übergangsbohrungen nach montierter und völlig geschlossener Drosselklappe gebohrt werden, ergab sich je nach Einstellung der Drosselklappe ein unterschiedlicher Abstand Übergangsbohrung - Drosselklappe. Dieser Mangel ist beim neuen Leerlaufvergasersystem eliminiert. Die Drosselklappe ist im Leerlauf geringfügig (Verhindern eines Verklemmens im Saugkanal) angestellt. Nach der Einstellung wird die Anschlagschraube mit Lack gegen Verstellen gesichert. Die Drosselklappe hat eine Bohrung, die die Zuführung einer minimalen Luftmenge sichert. Die Hauptluftmenge zur Gewährleistung der Verbrennung im Motor wird über den Umgemischkanal 21 zugeführt, in dem die Umgemischschraube 22 als Einstellglied für unterschiedliche Leerlaufdrehzahlen angebracht ist.
Bild 4 - Ausgleichsvolumen zum Mischrohrschacht beim Vergaser 28 H 1-1
- Verschlussschraube
- Mischrohrschacht mit Mischrohr
- Ausgleichsvolumen
- Verbindungskanal
Für den Grundleerlauf (niedrigste Leerlaufdrehzahl), der bei ganz wenig geöffneter Umgemischschraube 22 erreicht wird, dosiert die am Ende des Leerlaufgemischkanals angeordnete Leerlaufgemischdüse 17 über die Leerlaufbohrung 18 Gemisch in den Umgemischkanal zu der durch die Drosselklappenbohrung und den Kanal 21 strömende Leerlaufluft. Wird eine Drehzahlerhöhung für den Motorleerlauf gewünscht, bzw. ist diese infolge erhöhter Reibleistung (Winterbetrieb, neuer Motor u. ä.) notwendig, kann durch Öffnen der Umgemischschraube 22 zusätzliche Leerlaufluft durch den Umgemischkanal 21 strömen. Die Entnahme dieser Luft erfolgt am Auslauf des Lufttrichters 10 im Ansaugkanal.
zur Einregulierung von CO-Werten innerhalb des Grenzwertbereiches gemäß ECE-Regelung Nr. 15-04 (3,5 Vol.-%) bzw. GBI. I Nr. 5 vom 25.2.1983 ist die Leerlaufgemischschraube 23 vorhanden, die nach einer abgasgerechten Leerlaufeinstellung mit einem Plaststopfen plombiert wird. Vergaser, die beim Hersteller auf Vergaserfließbänken voreingestellt sind, haben gelbe bzw. weiße Plomben. Macht sich eine Nachregulierung beim Motor- bzw. Fahrzeughersteller notwendig, werden rote Plomben verwendet.
Beim Öffnen der Drosselklappe 20 über den Betriebszustand Leerlauf hinaus beginnt die Übergangsbohrung 19 zusätzlich Kraftstoff-Luft-Gemisch zu liefern, wodurch die Phase bis zum Einsatz des Hauptvergasers überbrückt wird.Die Arbeitsweise des Leerlauf- und Übergangsvergasersystems ist beendet, wenn der Unterdruck im Lufttrichter hoch genug ist, um den Kraftstoffspiegel im Mischrohrschacht (Einzelheit 7 in Bild 2) bis unterhalb der Entnahmebohrung des Leerlaufkraftstoffkanals abzusenken.
Startvergasersystem
Zum Starten des Motors in kalten Zustand ist kraftstoffreiches Gemisch erforderlich (Gemischausfall im Saugrohr, schlechte Gemischaufbereitung wegen niedrigen Unterdruckes bei Starterdrehzahl). Dies wird dadurch erreicht, dass entweder zusätzlich Kraftstoff-Luftgemisch über einen separaten Nebenschlussstartvergaser zugeführt wird (28 HB 4-1), oder dass eine Erhöhung des Ansaugunterdruckes an allen Vergasersystemen durch Schließen einer Startklappe erfolgt. Letzteres wird beim Vergaser 28 H 1-1 angewandt. Beim Ziehen des Starterknopfes wird die Startklappe (Einzelheit 24 in Bild 2) geschlossen und gleichzeitig die Drosselklappe 20 über das Gestänge 25 und einen Hebel um einen genau festgelegten Öffnungswinkel angestellt. Dieser Öffnungswinkel wird mit der Anschlagschraube 26 justiert. Die Übergangsbohrung wird freigegeben, und in der Startphase erfolgt eine Gemischanfettung über das Übergangs- und in gewissen Grenzen auch über das Hauptvergasersystem. Nach dem Anspringen ist durch diese Drosselklappenanstellung gleichzeitig eine höhere Leerlaufdrehzahl eingestellt, die zum Betrieb des kalten Motors(Reibungsverluste u. a.) notwendig ist. Ist der Motor angesprungen, öffnet die außermittig gelagerte und durch Federkraft geschlossen gehaltene Startklappe etwas, um ein "Absaufen" des Motors zu verhindern. Die Startklappe ist stufenlos verstellbar und gestattet eine individuelle Anpassung der Warmlaufdrehzahl entsprechend den Verkehrsverhältnissen und den klimatischen Bedingungen.
Literatur
(1) Morgenstern, C.-H.; Hilse, W.: Trabantmotor mit stufenloser Gemischabmagerung. Kraftfahrzeugtechnik (1982) Heft 9, S. 265 und 266.
(2) Wisznawitzki, H.: Vergaserfließbänke. Kraftfahrzeugtechnik (1984)Heft 4, S. 100 bis 113
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