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Technik-Texte

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Musik vom Band

2007-01-17 17:21:19 Geändert: 2008-09-04 17:44:06 (1) (Gelesen: 18910)

Auto-Kassetten-Recorder AK 75

Bei einem Bummel durch das erste RFT-Fachgeschäft am Platze in der Hauptstadt entdeckten wir im vergangenen Jahr ein größeres Werbeprospekt, auf dem versprochen wurde: AK 75 ... macht Musik. Dargestellt wird darauf ein rassiger Sportwagen in rasanter Bemalung (ein so genannter heißer Ofen), der aus drei "echten" Auspuffrohren Musik abgibt. Am Steuer sitzt ein zähnefletschender Jüngling, ausgerüstet mit Rennkappe und Rennbrille. Schreckhafte Naturen würden sich vielleicht abwenden. Uns brachte das auf den Gedanken, solch ein Gerät einmal auszuprobieren, ob es auch für normale, dem Jugendalter entwachsene Fahrer in einem völlig unrallyehaften, einfarbigen Serien-Wartburg zu gebrauchen ist.

Der Hersteller des AK 75, das Kombinat VEB Fernmeldewerk Arnstadt, stellte uns von Dezember 1977 bis März 1978 freundlicherweise ein solches Gerät zu Testzwecken zur Verfügung.

Musik - wozu?

Bevor man über die Funktion und Funktionstüchtigkeit eines solchen Gerätes spricht, muss man sich die Frage beantworten, wie man zur Unterhaltung per Technik im Auto generell steht. Manche Kraftfahrer lehnen das Radio und andere Unterhaltungsmacher, also auch Kassettengeräte im Auto generell ab. Auch Mediziner warnen vor Informationsüberfütterung und zu starker Ablenkung. Andere wiederum schwören auf das Radio und/oder Kassettengerät im Auto. Eine allgemeingültige Antwort ist wohl nicht möglich. Manche Leute können bei Musik arbeiten, andere behaupten, sie brauchen Musik sogar dazu. Viele können dagegen bei Musik nur schlecht, bei Sprechinformationen überhaupt nicht arbeiten. Ähnlich ist die Beziehung des Kraftfahrers zu Informations- und Unterhaltungsquellen im Auto. Neben der persönlichen, psychologischen Veranlagung spielen hier die Fahrzeugart (Geräuschkulisse) und die Einsatzbedingungen des Fahrzeuges eine große Rolle. Wer selten fährt, dazu vielleicht noch in sendestarken Gebieten und zu Tageszeiten, an denen ein reichhaltiges Angebot der Sendehäuser zur Verfügung steht, kann eher auf ein Kassettengerät verzichten als der Kraftfahrer, der häufig auf Achse ist, praktisch zu jeder Tagesund Nachtzeit und auch in Gebieten, wo man zufrieden sein muss, wenn man einen Sendet sauber hören kann.

Möglichkeiten . . .

Mit dem Gerät AK 75 können bespielte Kassetten wiedergegeben werden. Der Kassettenraum befindet sich an der Unterseite. Er wird über eine Taste (rechts im Foto) geöffnet, per Hand zugedrückt. Nach dem Drücken der Wiedergabetaste (zweite von links) tönt die Musik. Unser Testgerät verursachte allerdings erst einmal "Bandsalat". Aber das kann bei anderen Kassettengeräten, die mit dem standardisierten Laufwerk ausgerüstet sind, auch passieren. Weiterhin stehen eine Stopptaste (links) und je eine Vorlauf- und Rücklauftaste zur Verfügung. Die Lautstärke wird über einen Schieberegler eingestellt (im oberen Schlitz).

Die Wiedergabe erfolgt über einen Außenlautsprecher, einen gesonderten, wenn noch kein Autoradio installiert ist, über den Radiolautsprecher, wenn dieser bereits vorhanden ist. Das Kassettengerät ist auf die technischen Parameter des Autosupers Stern Transit plus entsprechendem Lautsprecher zugeschnitten.

Bei der Projektierung des AK 75 sind wir davon ausgegangen, dass die Mehrheit der Fahrzeuge, die in der DDR betrieben werden, ein 12-V-Bordnetz besitzen. Eine Ausnahme macht gegenwärtig lediglich der Trabant. In diesem Fahrzeug kann der AK 75 nicht eingesetzt werden. Wir möchten hierzu aus dem Untersuchungsbericht des Zentrallaboratoriums für Rundfunk- und Fernsehempfangstechnik Dresden zitieren:

"Abgesehen von Schwingungsbeanspruchungen war der Einbau des AK 75 im Trabant 601 rechts neben dem Schalthebel, unterhalb des Einbaurahmens für einen Autosuper, bedingt möglich. Diese einzige mögliche Einbauvariante muss aus folgenden Gründen abgelehnt werden:

  • Die Beinfreiheit des Fahrers ist nicht vollständig gewährleistet (Forderung des medizinischen Dienstes des Verkehrswesens).
  • Die Bedienbarkeit der Heizungsklappe wird erschwert (Verstoß gegen Forderungen der KTA).
  • Der kombinierte Betrieb AK 75/Autosuper ist nicht möglich, da der Leistungsverstärker des Autosupers noch einen Teil des oben genannten Einbauraumes einnimmt.

Seit IV/73 wird der Trabant 601 mit einem neuen Heizungssystem hergestellt. Der Einbau ist daher im Trabant 601 grundsätzlich nicht mehr möglich."

Der AK 75 kann nur bedingt mit einem Unitra-Transverter betrieben werden. Es darf dabei nicht die volle Ausgangsleistung des AK 75 eingestellt werden, da sonst der Transverter überlastet wird.

Kombinat VEB Fernmeldewerk Arnstadt

Kessler
Abt.-Ltr. AS

Robst
Kd.-Ing.

 

Technische Daten

Ausführung: Auto-Kassetten-Tonbandgerät System "Compakt-Cassette" für Mono-Wiedergabe, Zweispurbetrieb
Tonträger: Zweispulen-Kassette, Bandbreite 3,81 mm
Kassetten: C 60 oder C 90
Bandgeschwindigkeit: 4,76 cm/s
Tonhöhenschwankungen statisch: <= 0,4 %
dynamisch bei 0,5 g und 60 Hz: < 0,6%
Stromversorgung: 12 V Bordnetz des Kfz
Betriebsspannung: 12 V, + 20%, - 10%
Nennspannung: 13,2 V
Polarität: Minuspol an Masse
Frequenzbereich: 80 Hz bis 10 kHz
Anzahl der Transistoren: 14
Anzahl der Dioden: 7
Ausgangsleistung bei Nennspannung: >= 3W
Lautsprecher: Einbaulautsprecher des Kfz, 4 Ohm, 3 VA, empfohlener Typ LP 553 S
Abmessungen: etwa 145X213X73
etwa 1,5 kg

Werden andere Autosuper und andere Lautsprecher verwendet, ist eine Beratung in einer Autosuper-Spezialwerkstatt angeraten. Wenn eine Kassettenseite abgespielt ist, schaltet das Gerät nach etwa 15 s automatisch ab. Nimmt man das Kassettengerät bei eingeschaltetem Autoradio in Betrieb, schaltet sich das Radio so lange aus, wie das Gerät eingeschaltet ist. Nach dem Ausschalten des Gerätes (per Hand oder durch die Automatik) wird das Radio wieder eingeschaltet. Wird das Gerät über einen Radiolautsprecher betrieben und muss es einmal ausgebaut werden (zum Beispiel bei Reparaturen), so ist das Anschlusskabel mit dem mitgelieferten Kurzschlussstecker zu versehen. Zum AK 75 bietet der Fachhandel Einbausätze für die Pkw Wartburg 353, Lada 1200 und 1300, Skoda S 100, Moskwitsch 412 und 2140, Polski-Fiat 125p und Wolga GAS 24 an.

. . . und Grenzen

Unserer Meinung nach hat das Kassettengerät AK 75 vor allem zwei Schwachpunkte. Einmal ist es die Tatsache, dass es nicht in alle handelsüblichen Pkw eingebaut werden kann, was natürlich teilweise auch an den Pkw liegt. Die Beschränkung ergibt sich aus zwei Gründen. Das AK 75 kann nur mit 12 V betrieben werden. Damit scheiden ältere Fahrzeuge und der Trabant aus. Zur Begründung der Nichteinbaumöglichkeit in den Trabant zitieren wir ein Schreiben des Herstellers auf eine Leseranfrage (siehe Kasten). Bei den anderen Fahrzeugen sind es nur die Platzverhältnisse, die

einen Einbau nicht ermöglichen (Lada 1500 und 1600, Dacia, Zastava). Zum anderen bedauern wir, dass mit dem AK 75 nicht aufgenommen werden kann. Die Bedienungsanleitung begründet diesen Verzicht damit, dass während der Fahrt keine stabilen Rundfunkempfangsbedingungen, insbesondere im UKW-Bereich möglich sind. Das ist sicher richtig, nur vergnügen sich gerade die Vielfahrer, unter ihnen die Berufskraftfahrer mit einem solchen Gerät nicht nur während der Fahrt. Wir könnten uns vorstellen, dass mancher Kraftfahrer, der einige Stunden auf seine Mitfahrer, die er zu einer Sitzung gebracht hat, warten muss, die Zeit nutzen würde, um Musik oder etwas anderes aufzunehmen.

Und dann gibt es auch Leute, zu denen zum Beispiel die Journalisten zählen, die Ideen, die ihnen während der Fahrt kommen, gern festhalten möchten. Schreiben geht nicht, aber zwei, drei Sätze oder Stichpunkte in ein Mikrophon gesprochen, das wäre schon eine feine Sache.

Mancher mag vielleicht auch bedauern, dass das Gerät nur zur Mono-Wiedergabe geeignet ist. Wir meinen, dass es bei der Unterhaltung mit Musik im Kraftfahrzeug nicht auf derartige Ton-Qualitäten ankommt. Stereo im Auto ist sicher mehr eine Sache der Mode.

Befriedigende Leistung

Sieht man von diesen prinzipiellen Einschränkungen ab, die sicher nicht die Mehrheit der potentiellen Käufer bedrücken, kann man mit der Funktionstüchtigkeit des AK 75 zufrieden sein.

Angenehm ist insbesondere der volle Klang, für den die 3W Ausgangsleistung Sorge trägt. Allerdings wünschte man sich eine etwas feinere Lautstärkendosierung. Die Stellung des Lautstärkenreglers im Foto (Schieber im linken Teil des Schlitzes) garantiert eine Lautstärke, wie sie im nicht besonders leisen Wartburg 353 als angenehm empfunden wurde. Eine Verschiebung des Hebels um wenige Millimeter führt schon zum "vollen Erfolg". Die Abschaltautomatik funktionierte immer, der Kassettenwechsel ist auch während der Fahrt mit einer Hand möglich, da die ausgeworfene Kassette auf dem Kassettenraum -deckel liegen bleibt (wenn nicht gerade über eine Rüttelstrecke gefahren wird). Nimmt man das Gerät morgens nach einer Winternacht bei -15 °C in Betrieb, so kann man ihm erst einmal nur Töne entlocken, die an Frankensteins Mann erinnern, bei dem die Batterie den Geist aufgegeben hat. Aber warum sollte es dem AK-75-Laufwerk besser gehen als dem Laufwerk des Fahrzeugs? Wärme wirkt auch hier Wunder.

Alles in allem: AK 75 ist ein Zubehör, dass man nicht unbedingt braucht, das aber Spaß macht, wenn man es einmal hat. Dafür muß man dann allerdings erst einmal 450,- M für das Gerät und 12,-M für den Einbausatz aufbringen. Der Spaß hat eben auch seinen Preis

K. Zw.

Aus DDS 5/1978

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