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Trabantszene

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Ampelmann im Volkscafe

2003-12-05 00:00:01 Geändert: 2008-09-04 17:44:06 (2) (Gelesen: 15788)
Disco in Fürstenfeldbruck ist Treffpunkt für Ossis.

Spreewaldgurken und Rotkäppchensekt kennt mittlerweile auch jeder Wessi - aber Pfeffi oder Wolkenbruch? Wer wissen möchte, was sich dahinter verbirgt, der kann in der ersten offiziellen Ossi-Disko im Westen ein bisschen Ostalgie-Luft schnuppern. "Volkscafe" heißt der Tanz-Schuppen, und er steht in der oberbayerischen Kreisstadt Fürstenfeldbruck, die bisher nicht gerade für eine hippe Partyszene bekannt ist.

Michael Gordon ist der Inhaber, und er kommt dem Klischee eines stadtbekannten Disko-Besitzers schon ziemlich nahe: braun gebrannt, Goldkettchen, vier Ringe und ein Ohrring. Doch es steckt mehr hinter dem zweifachen Familienvater, als man zunächst annimmt. Der 38-Jährige hat Musik studiert und ist auch noch als Bandleader und Produzent tätig. In der Nacht zum diesjährigen Tag der Deutschen Einheit hat er sein Volkscafe eröffnet. Schon bei der Genehmigung geriet Gordon beim Ordnungsamt in Fürstenfeldbruck an eine freundliche Beamtin, die ihm leicht sächselnd die Vorschriften erklärte.

Seitdem strömt die nach Bayern zugereiste Ost-Jugend vor allem sonnabends in seinen Club. Über dem Eingang an der Treppe steht eine ausgediente Kaufhauspuppe mit FDJ-Halstuch und DDR-Faltenrock. Im "Tiefgeschoss" angekommen, fallen zuerst die beiden Ampelmännchen ins Auge, die in Rot und Grün über der Theke leuchten. An den Seitenwänden schmücken ein Vorderteil und das Heck eines himmelblauen Trabants 601 das Gemäuer, flankiert von kleinen Flaggen mit den Wappen der fünf neuen Bundesländer.

Der Wirt will nicht allzu politisch werden.

Ansonsten erinnert das Volkscafe eher an eine typische Disko aus den 80ern: große Spiegel, blinkende Sternenlichter an der Decke und die obligatorische Glitzerkugel. DDR-Flagge und Honecker-Portrait fehlen allerdings. Er wollte nicht zu politisch werden und das DDR-Regime nicht verherrlichen, sagt Gordon. Doch wenn es nach den Gästen gehen würde, könnte es ruhig ein bisschen mehr Ost-Deko sein. Frances ist schon zum vierten Mal da. Die 24-jährige Zahnarzthelferin aus Sachsen findet es "cool" in der Ossi-Disco. Freundin Antje (26) findet: "Die Türsteher in Vopo-Uniform, das wär's doch." So richtig glücklich sind die Zugereisten aus dem Osten aber auch 13 Jahre nach der Einheit nicht in Bayern. "Wenn wir Jobs finden würden, wären wir alle ruckzuck wieder in Sachsen oder Thüringen", sagt Antje und zündet sich eine F6 an. So trifft man sich im Volkscafe und bleibt doch meist unter sich.

Zwei Drittel der Besucher kommen aus den neuen Bundesländern, und die stehen auf ihre Ost-Klassiker. Bis auf "Erichs Rache" - ein Kräuterlikör aus dem Westen - setzt Gordon vor allem auf Ostmarken. Seine Ware bekommt er aus einem "DDR-Supermarkt" und einem "Ossiladen". "Peffi" und "Wolkenbruch", der braune Likör mit Sahnehäubchen, sind der Renner. Mit der Ostalgie-Welle im Fernsehen will Gordon nichts zu tun haben: "Ich bin kein Samariter der Ossis." Aber er profitiert davon.
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