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Fahrbericht Trabant P601L - Innenraum

2003-09-29 00:00:01 Geändert: 2008-09-04 17:44:06 (2) (Gelesen: 12460)
Go, Trabbi, go: 100 km/h sind möglich

Go, Trabbi, go: 100 km/h sind möglich

Von außen gibt sich der Trabant als Kind seiner Zeit. Da er 1964 erstmals in dieser Form vom Band lief, bedeutet das für heute, dass er ziemlich alt aussieht. Der damals moderne, sogenannte Trapezstil, gibt dem Trabi heute ein unverwechselbares Äußeres. Verkehrte Welt: Im Vergleich zum Aerodynamik-Einheitsbrei heutiger Tage erweist sich die sozialistische Universalform heute als extravagant. Der Aufmerksamkeitswert in München ist jedenfalls höher, als mit einem aktuellen Porsche.
Das innovativste am P 601 sieht man ihm nicht an. Es offenbart sich mit einem unerwartet dunklen Geräusch bei einem Klaps auf die Karosse: Der Trabant P 601 baut zwar auf einem Stahlblechgerippe auf, seine Außenhaut aber besteht aus Duroplast. Anders als viele glauben ist aber nicht Altpapier, sondern Baumwolle das Trägermaterial für die Kunstharz-Klebe. Natürlich ist die Bauweise nicht aus dem Streben nach Technologieführerschaft entstanden, sondern aus der Not sozialistischer Mangelwirtschaft geboren: Stahl war knapp, Baumwolle im Bruderstaat Sowjetunion in rauen Unmengen vorhanden. Vorteil ist ein sehr niedriges Gewicht von nur 620 kg.
Allerdings ist der umbaute Raum auch eher knapp bemessen: Fahrer ab 180 cm Körpergröße machen schnell Bekanntschaft mit dem Anschlag der Sitzlängsverstellung. Dass dieser dennoch bitter notwendig ist, offenbart sich beim Blick nach hinten: dort ist der Knieraum ohnehin schon auf ein Minimum zusammengeschrumpft. Sitzhöhen- oder gar Lenkradverstellung ist natürlich Fehlanzeige. So beginnt der Zwang schon mit dem Einstieg in das sozialistische Auto: Aufrecht sitzen ist angesagt. Dafür ist die Kopffreiheit üppig.
Weil auch die Scheiben fast senkrecht stehen, sind Sonnenblenden für die meisten Insassen unnötig. Gleichzeitig bleibt somit auch die für die Sonneneinstrahlung wirksame Fläche gering, so dass das Fehlen einer Klimaanlage gar nicht so negativ auffällt. Ihr Kompressor wäre vermutlich auch das Letzte, was der schwächliche Zweitakter im Bug noch bräuchte. Die Lüftung ohne unterstützenden Elektromotor ist allerdings auch nicht der Rede wert. Gleiches dürfte dank luftgekühltem Motor auch für die Heizung gelten.
Was den Innenraum angeht, bekommt der Begriff "Verarbeitung" eine ganz neue Bedeutung: Das gesamte Interieur unseres Gebrauchtwagens ist nämlich extrem abgearbeitet. Aber nach einer länger anhaltenden Säuberungsaktion lässt sich zumindest erahnen, dass die Genossen zwar nicht mit den hochwertigsten Materialien, aber zumindest recht ordentlich hantierten. Der Instrumententräger ist immerhin aus Metall und trägt die spärlichen Schalter, Uhren und nicht zuletzt den Aschenbecher mit der angemessenen Ernsthaftigkeit. Weiter unten, in der Ablage, hat's nur noch zu filzartigem Stoff gereicht. Zweckmäßig halt. So können sich auch groß Gewachsene nicht die Knie stoßen.
Für Gepäck ist ausreichend - um nicht zu sagen - reichlich Platz: Mit 400 Liter Kofferraumvolumen (allerdings nicht nach DIN) schlägt die Uraltkonstruktion jeden modernen Kompaktwagen. Die Öffnung zum Kofferraum könnte allerdings größer sein. Aber eine weiter herunter reichende Klappe hätte wohl zu viel Karosseriesteifigkeit gekostet. Richtig unpraktisch ist allerdings das Ersatzrad, das irgendwie unmotiviert weit von der Außenwand entfernt den Stauraum vertikal teilt. Auch eine Art, die Ladung vor dem Verrutschen zu sichern.
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