Die Clubs

2.1: Die Clubs

2.1.1: Wo befinden sie sich? Seit wann bestehen sie?

Nach der politischen Wende im Jahre 1989 wurde der Trabant zu einem Kultauto. Natürlich haben dazu die Vielzahl der Clubs, die ihm gewidmet sind, beigetragen. Diese gibt es heutzutage überall in der Welt. Z.B. allein in der Tschechischen Republik sind mindestens vier zu finden: in Pilsen, Jesenice u Rakovníka, Liberec und Strakonice. Der Prager Club, welcher 600 Mitglieder zählte, besteht seit kurzer Zeit anscheinend nicht mehr. Auch in Westeuropa gibt es einige Clubs: In East Sussex (UK) gibt es den Wartburg Trabant IFA Club und in Amersfoort (NL) den sehr tätigen Trabant Club Nederland. Sogar in der australischen Stadt Melbourne gibt es Trabi-Begeisterte, die sich zu einem Club zusammenschließen. Wer hätte denken können, dass der Kleinwagen aus Zwickau in diesem Kontinent bekannt ist? Der größte Trabant-Club der Welt befindet sich aber in Frankreich, in Colombes; deshalb wird ihm ein ganzer Teil gewidmet sein.

Natürlich leben die meisten Trabi-Freunde in Deutschland bzw. in der ehemaligen DDR. Nicht weniger als 160 Trabant-Vereine existieren offiziell, d.h., dass sie dem Trabant-Register zugehören: sie sind in diesem Verzeichnis aufgenommen. Ihre Namen sind häufig original: «Trabant-Club Blaue Wolke Bodensee» aus Lindau (Westdeutschland), «Trabantini-Racing-Team Jena», «Country & Trabi e.V.» aus Gera, «Trabantclub Schorsch» aus Saalhausen, «Trabantclub Angels of Darkness» aus Edersleben, «Trabant-Club Sputnik» aus Castrop-Rauxel, «Trabantclub Sachsenring statt Ehering» aus Dresden, «Thüringer Holzlandpappen» aus Hermsdorf, «Die Trabant-Wölfe» aus Neubrandenburg, usw.

Die meisten davon bestehen erst seit 1989. Aber der aller erste deutsche Trabant-Club entstand 1985, und zwar ... in der Bundesrepublik Deutschland. Die IG Wartburg Trabant Barkas konnte sich nur einer kleinen Menge Anhänger rühmen, zumal es schlecht angesehen war, Kontakte mit dem Osten zu pflegen - obgleich diese nur gering und lediglich auf privater Ebene möglich waren. Die Mitglieder der IG interessierten sich für im Wester häufig belächelte und fast unbekannte Ostfahrzeuge. Sehen wir uns diese Tabelle (Quelle: aus dem Artikel: «Annexes- Combien de Trabant exportées à l'est et à l'ouest» in: Journal n0 4 du Club Euro Trabi, févriere 2000, S.29.) nächste Seite, die die Trabant-Exporte ins nichtsozialistische Ausland zeigt, genau an:

Land 1959 1966-70 1971-75 1976-80 1981-85 1986-90 gesamt
Österreich 182 102     ?   284
Belgien 2522 267     ?   2789
Dänemark 2807 130   221 ?   3158
Ecuador         2 250 252
Finnland 4547 717     ?   4828
Griechenland 6     835 ?   841
Island 383 256 73 616 ? 400 1728
Norwegen 1397 34     ?   1029
Niederlande 10456 4811 716   ?   15983
BRD 542 437     ?   979
Schweiz 30 40     ?   70
Sonstige 94 16 8 71 10 229 428
Gesamt 22966 6810 797 1734 1137 879 33485

Diese Tabelle zeigt, dass der Trabant im Westen sehr wenig exportiert, also auch wenig verkauft wurde, und wenig bekannt war. Deswegen war es seltsam, dass sich ein westlicher Klub vor der Wende für dieses Ostfahrzeug interessierte.

Außer diesem Club, der bereits 1985 bestand, entstanden all die anderen nach 1989. Natürlich hätte es keinen Sinn gehabt, einen Freundeskreis mit Trabantfahrern zur Zeit der DDR zu gründen, so sehr der Kleinwagen zum grauen Alltag gehörte, obgleich die Zahl der Trabi-Begeisterten nicht gering war.

Der «Bayerische Trabant-Club» entstand z.B. 1992. Sein erstes Treffen fand mit 7 Mitgliedern statt. Manche sind aber jünger als dieser, wie etwa das «Team Altmittweida», das erst seit Oktober 1998 besteht. Das, was all diese Clubs vereinigt, ist natürlich der Trabant, aber einer ist originaler als der andere. Es gibt anscheinend ... einen «Club Dachzelt», zu dem nur Trabis mit ihrem Dachzelt gehören dürfen; einen «Trabi Club der Großen». Um ihm beizutreten, soll man nicht unter 1,95 Meter groß sein, sonst geht es nicht ...

2.1.2: Die Mitglieder

Man kann sich fragen, wie viele Mitglieder zu diesen Vereinen gehören. Die meisten deutschen Trabi-Teams bestehen lediglich aus 10 bis 40-45 Anhängern, wie das 31 Mann zählende Team Altmittweida. Vermutlich ist der «Bayrische Trabant-Club», der 1997 135, heute aber 90 Menschen zählt, der größte in Deutschland. Der Club der sich der größten Mitgliederzahl rühmen kann, ist der französische Euro-Trabi-Club mit zur Zeit 272 Trabi-Liebhabern.

Interessieren wir uns jetzt für das Profil der Trabi-Club-Anhänger. Wer sind sie? Zunächst einmal soll betont werden, dass vier Fünftel von ihnen Männer sind, deren Alter ungefähr zwischen 16 und 60 Jahre ist. Und welche sind ihre Berufe?

Nehmen wir als Beispiel das « Trabi-Team Löbau-Zittau», also einen Club aus der ehemaligen DDR, der von annähernd 30 Personen vertreten wird (Quelle: Aus einer E-mail vom « Trabi-Team Löbau-Zittau» an den Verfasser (4. Februar 2001).

Arbeitslose in diesem Verein sind viel, aber typisch für die ehemalige DDR, wo die Arbeitslosenquote immer noch sehr hoch ist. Man kann auch feststellen, dass keiner der Mitglieder zur höheren Schicht der Gesellschaft gehört. Sehen wir nun die Berufe eines anderen Trabi-Teams, aber diesmal aus Westdeutschland.

Aus der E-mail des «Bayrischen Trabant-Clubs» ergibt sich, dass die Berufe höchst verschieden sind (Quelle: aus der E-mail von Hans Stehberger, Vorsitzender des «Bayrischen Trabant-Clubs», an den Verfasser (16. Februar 2001)). Hans Stehberger schrieb «Von den Leuten, die mir bekannt sind seien sie hier [...] aufgeführt»:

Berufe Zahl
Abgestellter im öffentlichen Dienst 4
Arzt 4
Rentner 4
Schüler/Student 3
Immobilienverwalter 2
KFZ-Mechaniker 2
Arbeitslose 2

Der Rest besteht aus:

1 Meister des Kraftfahrzeughandwerks, 1 Krankenpfleger, 1 Ingenieur, 1 Inhaber einer Wäscherei, 1 Computerspezialisten, 1 Nachtclub-Besitzer, 1 Taxifahrer, 1 Lagerbesitzer, 1 Fotograf, 1 Steuerberater,1 KFZ-Ersatzteilhändler, 1 Friseur-Meister, 1 Lehrling, 1 Goldschmied,1 KFZ-Sachverständigen, 1 Postangestellten, 1 Uhrmacher, 1 Lageristen, 1 Physiker, 1 Lehrer, 1 Waschmaschinenverkäufer, 1 Modellschreiner, 1 Koch, 1 Gebrauchtwagenhändler, 1 Inhaber einer Zeitarbeitsfirma, 1 Hausverwalter.

Diese Aufzählung, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, zeigt trotz alledem deutlich, dass in diesem süddeutschen Club aus München alle Schichten der Gesellschaft vertreten sind. Und genau das ist das Interessante dabei: der Trabant, dieser Kleinwagen aus der DDR, war nämlich für die Arbeiterklasse bestimmt. Die Reicheren konnten sich einen Wartburg oder auch ein fremdes Auto leisten. Nun hat der Trabi Anhänger, die auch zur höheren Schicht gehören - Arzt, Computerspezialist, Immobilienverwalter ... Der Freundeskreis des zu Unrecht, jedoch liebevoll "Pappewagen" benannten Wagens hat sich also erweitert. Diesem Auto, das nach der Wende zum Sinnbild der deutschen Vereinigung wurde, ist es gelungen, das Herz zigtausender Westdeutschen zu erobern.

Natürlich ist es gestattet, sich über den Erfolg des Trabant in Westeuropa zu wundern, denn dieser könnte als Synonym für die Innovationsfeindlichkeit Ostdeutschlands betrachtet werden. Aber man kann sich fragen, ob es nicht gerade der Grund ist, weshalb er die Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Der Westen entdeckte ab 1989 diesen für ihn unbekannten Wagen und zahlreiche Clubs entstanden...

Fragen wir uns nun, welches die Ziele und die Aktivitäten dieser Trabi-Vereine sind.


Der tschechische «Trabi-Club Strakonice», hier in Sobesice, in der Nähe von Klatovy.