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Tag 15 - 28. August 2005 - E4 bis zum Abriegeln

Die Nacht war wirklich frisch, also schnell alles abbauen und im Auto aufwärmen. Nach wenigen Metern hat uns die E4 wieder, die wir heute noch lange beehren werden. Kaffee gibt es erst spät, denn wir finden nur hässliche Haltebuchten an der befahrenen Straße. Wenn ich bedenke, dass wir auf dieser monotonen Piste noch runter bis nach Gävle müssen, wird mir schlecht! Pünktlich zum Mittag fahren wir Tanken, alles voll  bis Oberkante, und bezahlen mit Karte, die sie hier wieder akzeptieren. Wie oft ich das auch durchrechne, es wird einfach nicht kürzer!!! Ich will hier nur noch weg, die fahren genauso wie bei uns. Diesen Verkehr sind wir überhaupt nicht mehr gewöhnt, der Fahrstil ist gegen Norwegen schon aggressiv. Überhaupt kommen mir die Schweden kühl und reserviert vor. Die Finnen gestern waren total cool und aufgeschlossen. Da müssen wir wohl durch! Wenigstens ist Sonntag, da sind weniger LKW unterwegs, sonst wäre hier noch mehr los. Ich spiele mit dem Gedanken, nicht bis Gedser zu fahren, sondern die Fähre in Trelleborg zu nehmen. Diese ist zwar teurer, aber wir sparen über 200 Kilometer und die Maut der Öresundbrücke. Das wird aber frühestens morgen werden… Mein erklärtes Tagesziel ist und bleibt Gävle! Das ist eine einzige Tortur und die Stimmung ist am Kippen. Irgendwie mag ich Schweden nicht, aber ich will auch niemandem Unrecht tun. Kurz vor 21 Uhr sind wir endlich in Gävle, hier im Süden ist es schon verdächtig duster um diese Zeit. Über die Nebenstraßen in Südrichtung wollen wir Stockholm umgehen. Endlich weg von der E4! Nun müssen wir nur noch einen Nachtplatz finden, was bei der Bevölkerungsdichte längst nicht so einfach ist, wie noch gestern Abend. Es ist fast dunkel, als wir einfach an einer Einmündung das Zelt aufbauen. Eine ruhige Nacht wird das so nah an der Straße sicher nicht, aber das ist mir nach 835 Kilometern vollkommen gleich.

Tag 16 - 29. August 2005 - Im Eiltempo zur Fähre

Wie erwartet, war die Nacht sehr laut. Geschlafen haben wir nicht wirklich gut und die Nacht ist 5 Uhr 30 zu Ende, wir haben viel vor uns. Nach der üblichen Aufwärmrunde frühstücken wir an einer Tankstelle. So erledigen wir Tanken, Waschen und den Kaffee in einem Aufwasch. Die Nebenstraßen sind eine gute Wahl, weniger Verkehr und endlich wieder Kurven. Gegen den Norden ist die Landschaft richtig langweilig, nur Wald und wenig Wasser. Per SMS an meine Freundin bekomme ich die Fährinfo von Trelleborg. 22 Uhr 15 ist Abfahrt und 6 Uhr 15 ist sie in Warnemünde. Aber wir müssen erstmal dorthin kommen! Ob wir einen Platz bekommen, wissen wir auch noch nicht… Die Inlandsstraßen machen ja noch Spaß, aber die Küstenstraße 66 gibt uns den wieder den Rest! Das macht wirklich keinen Spaß mehr und wir wollen beide nur noch zur Fähre. Die Rückfahrt war ohnehin sehr „fahrintensiv“ geplant, doch ich dachte nicht, dass es so ätzend werden würde. Letztes Jahr sind wir von Italien fast 1000 Kilometer Landstraße am Stück gefahren, das war super. Aber das hier… Die letzten Kilometer ziehen sich wirklich unendlich lang, doch haben wir die Straße fast für uns. Den herrlichen Sonnenuntergang fotografiere ich aus dem Fenster. Endlich in Trelleborg angekommen ist es beinahe dunkel. Wir bahnen uns einen Weg durch die planlos herum irrenden Touris. Ich habe noch immer Bedenken, dass wir vielleicht zu spät sind und keinen Platz mehr bekommen. So sprinte ich zum Schalter, und siehe da, es klappt. Schnell zurück zur Pappe und an die Schlange angestellt. Einen Bettelstudentenrabatt gibt es nicht, aber wir fahren mit. In der langen Wartespur haben wir noch Zeit fürs Abendessen und werden argwöhnisch beäugt. Es ist fast wie in Deutschland, alle schauen verbittert und unnahbar, und ich weiß wieder, was mir die letzten zwei Wochen überhaupt nicht gefehlt hat!? Mit viel blauem Nebel im Schlepp rollen wir auf unser Parkdeck. Nach 873 Kilometern hat sich die Pappe ein paar Stunden Schlaf bei frischer Seeluft redlich verdient. Wir beobachten noch Ablegen und Auslaufen bevor uns einen Schlafplatz suchen. Bemme beschlagnahmt einen Zweisitzer für sich, auf dem er „liegt“, wie ein Korkenzieher. Mir tut schon vom Anblick alles weh! Todmüde, wie ich bin, schlafe ich die wenigen Stunden auf dem Boden.

Tag 17 - 30. August 2005 - Die letzten Kilometer und Ankunft

Gegen 5 Uhr kreischt der Wecker, wir wollen wenigstens noch einen Kaffee auf der Fähre abfassen und die Molenpassage in Warnemünde beobachten, bevor wir wieder da sind. Wir rennen beide rum, wie Falschgeld, und reißen auch den Trabbi aus dem Nachtschlaf, um vom Rostocker Seehafen durch den Warnowtunnel schnellstens in meine Studentenbude zu fahren. Dort angekommen wollen wir nur noch duschen und ins Bett fallen, aber es läuft kein warmes Wasser?! Wir sind es ja gewohnt, aber bitte nicht hier! Es muss auch so gehen und wir leben ja noch. Nach ein paar Stunden Schlaf packen wir alles zusammen, was irgendwie die ganzen Tage vernachlässigt wurde. Auch das Auto ist dringend aufräumbedürftig! Wir wollen nicht wie auf der Flucht in Eilenburg ankommen, aber besonders die letzten beiden Tage kamen mir so vor… Fast schon wehmütig denke ich, dass das alles viel zu schnell verging und ich es überhaupt noch nicht verarbeitet habe. Nach dem ersten geregelten Mittagessen seit Tagen machen wir noch eine kleine „Showrunde“ mit der Pappe an der Strandpromenade und filmen das Ganze. Nach der definitiv letzten Tankpause dieser Tour treten wir die Heimreise an. Das Gefühl, auf der Autobahn zu „parken“ stört mich nun auch nicht mehr. Ich lasse Robbi diese letzten Kilometer fahren, das lässt er sich nicht nehmen. Das Wetter zeigt sich nochmals von seiner besten Seite und wir erreichen Eilenburg nach 407 Tageskilometern und einer Gesamtstrecke von exakt 8100 Kilometern nach einem siebzehntägigen Abenteuer. Bemme ist überglücklich, wir  und die Pappe haben es wirklich geschafft, was Keiner für möglich hielt. Vor dem Hauseingang ist fast niemand, aber entgangen ist es auch keinem, die wackelnden Gardinen sprechen für sich. Nun beginnt noch die unumgängliche Aufräumorgie, alles muss raus und das Auto wieder in die Garage. Wir quatschen beide unentwegt, haben wir doch wirklich viel zu erzählen. Das Auto ist auf dem Weg zur Garage komplett leer und beschleunigt, dass wir beide nur noch staunen können. Vorerst völlig verdreckt schieben wir die Pappe in die Garage, sie hat es zwar nicht verdient, aber wir arbeiten daran…

Der Tag danach und Fazit…

Nach einer ungewohnt komfortablen Nacht stehen wir auf, ich muss mich erst wieder an einen geregelten Tagesablauf gewöhnen. Nach dem Frühstück gehen wir in die Garage, wir haben einiges zu klären. Der Motor machte seit der Abfahrt Geräusche, doch nur, wenn er kalt war. Es wurde nicht schlimmer, manche Tage war es weg, andere wieder sehr penetrant. Wir schieben es auf ein Lüfterblech, doch daran liegt es nicht. Als wir alles abgebaut haben, ist das Geräusch noch immer da. Es kommt von innen! Nachdem Zylinder und Kolben ab sind, klingt die Kurbelwelle gesund. Ein Nadellager hat ausgehaucht und die Kolbenhemden sind schwarz, auf den Kolbenböden sind dicke Ölkohleschichten. Also bauen wir intakte Zylinder samt Kolben ein und das Klappern ist weg! Das zwitschernde Geräusch an der rechten hinteren Radaufhängung gibt uns Rätsel auf, wir finden aber nichts. Die hinteren Radlager sind am Ende, das waren sie vorher auch schon und wir hatten sowieso neue mit, falls sie unterwegs aushauchen. Sie sind schnell gewechselt. Das Armaturenbrett klappert seit meinem eingeklemmten Stöckchen in Südnorwegen auch nicht mehr und am Tacho, den wir nach kalten Nächten mit einem Klaps „wecken“ mussten, machen wir auch nichts. Das darf sich das Auto einfach leisten! Die große Autowäsche gestaltet sich problematisch, die Insekten haften zu „gut“. Alles in allem gibt es keine nennenswerten Probleme.

Nun mag sich mancher fragen, ob das sein muss. Die Antwort: Ja!!! Oder ob das nicht Wahnsinn ist? Nein, warum? Alle haben gesagt, das wird nichts, wir haben ihnen das Gegenteil bewiesen. Es war alles kalkulierbar, wir hatten alles mit und wissen uns zu helfen. Die Tour war phantastisch, Landschaft, Leute und Wetter waren einmalig. Es war sicher nicht immer einfach und die Stimmung war zuweilen am Boden, aber ich würde es jederzeit wieder machen. Ich habe lange gebraucht, um alles zu verarbeiten, diese Schreiberei samt den vielen Fotos hat viel dazu beigetragen. Ich bereue keinen Meter dieser Fahrt und bin in Gedanken noch immer oft weit oben im Norden bei den Rentieren und der unglaublichen Landschaft, die noch viel schöner ist, als ich mir das aus dem alten Buch vorstellen konnte. Erst jetzt kann ich meinen Großvater wirklich verstehen, den dieses Land bis heute nicht losgelassen hat. Ich werde ebenso „enden", dieser Besuch In Norwegen war mit Sicherheit nicht mein letzter. Kaum ist dieses Tour zu Ende und das Auto wieder fit, planen wir schon die nächste Aktion. Cesenatico wird uns im nächsten Jahr wieder sehen, das ist machbar, denn viel Zeit werde ich nicht haben. Einen Traum hätte ich schon noch: Über Portugal nach Nordafrika in den Hochatlas und entlang der Küste zu den Pyramiden von Gizeh und mit der Fähre über Griechenland zurück… Ich habe zwar im Moment keine Ahnung, wie ich das mit dem Urlaub und der Finanzierung machen soll, aber man darf gespannt sein…

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