IFA Pannenhilfe in Görlitz
Das Telefon mühte sich redlich ab, meine Aufmerksamkeit zu erregen und schimpfte stetig vor sich hin. Irgendwann drang das Spektakel dann auch bis in mein vorabendlich-Alkoholgeschwängertes Gehirn und irgendwie schaffte ich es, sogar den grünen Knopf auf dem Handy zu drücken und nahm das Gespräch an. Derart vom Erfolg beflügelt, erfasste mein waberndes Gehrin auch gleich, was los war. IFA-Pannenhilfe Notruf - hier in Görlitz! Da war ich dann schnell gänzlich wach. Gleich hier um die Ecke stehe ein blauer Trabant mit offener Motorhaube und verweigerte seinem Herrchen die Weiterfahrt nach Dresden. Irgendwas mit abgerissenem Halter für den Vorschalldämpfer und irgendwie würde er falsch Luft ziehen. Ob ich denn helfen könne.
Die Nummer war ihm von der IFA-Pannenhilfe genannt worden, einem Service von Trabantfahrern für Trabantfahrer.
Sicherlich hat ein Trabantfahrer in seinem unermesslichem Ersatzteilfundus auch eine Auspuffhalterung, der Rest würde sich dann ergeben, so dachte ich mir. Keine große Sache also. Den Schlüssel vom Brett geschnappt und losgefahren. Irgendwann war dann endlich auch das von einer handvoll Menschen umringte havarierte Fahrzeug gefunden. Zufällig war der Stadtschleicherfahrer mit seinem eigenen Trabant über den nicht fahrbereiten Trabant gestolpert und leistete dem Pärchen nebst Kind mit guten Ratschlägen "erste Hilfe".
Ein erster oberflächlicher Blick in den Motorraum ließ in mir die Frage aufkeimen, warum denn das Motorverkleidungsblech demontiert war. Schnell stellte sich heraus, dass die Zylinderkopfdichtung defekt war. Zur Sicherheit wurden dann von mir beide Köpfe demontiert - zwei Zylinderkopfdichtungen hat man ja als Trabantfahrer immer dabei. Um den Weg in die ferne Ersatzteilgarage zu sparen und den unfreiwilligen Gästen aus Dresden eine möglichst schnelle Heimfahrt zu ermöglichen, wurde der defekte Auspuffhalter durch etwas Rödeldraht ersetzt - getreu dem Motto: Hast Du Hammer, Zange Rödeldraht, kommst Du bis nach Leningrad. Eine kurze Anlassprobe ergab dann, dass der Motor wieder tadellos funktionierte.
Bei der Montage der letzten Teile zeigte sich allerdings noch der Bowdenzug für die Motorhaube weniger störrisch denn morsch. Die Seele brach kurz hinter seiner Befestigung ab. Durch Kürzen des äußeren Mantels und der Metallummantelung konnte wieder genügend Seele freigelegt werden, um die Funktion der Motorhaubenverriegelung sicherzustellen.
Wenn ich mich noch richtig erinnere, hieß der Fahrer Erik oder Erich und er interessierte sich natürlich auch für moderne Errungenschaften der Kraftfahrzeugtechnik, speziell der Trabanttechnik, wie zum Beispiel der Trabitronic. Zu seiner Freude konnte ich ihm dazu einiges berichten, da diese Zündung seit einiger Zeit schon ihren zufriedenstellenden Dienst in meinem Trabant versah. Wenn er dann irgendwann seinen eigenen Trabant Perlweiß lackiert hat, wird sicherlich auch das Geld für seine eigene Trabitronic noch übrig sein.
Vollkommen zufrieden konnte das Pärchen mit Kind nach dem kostenlosen Reparaturdienst dann endlich die Weiterfahrt starten und ich hoffe, dass sie wohlbehalten zu hause angekommen sind. Ich war auch zufrieden, dass ich einem havarierten Trabantfahrer helfen konnte - wie schnell kann es passieren, dass man selbst betroffen ist - und fuhr mit tiefschwarzen Händen nach hause. Aber das ist man als Trabischrauber ja gewohnt.
Habe den Pannenhilfsdienst noch nicht in Anspruch nehmen müssen. Finde die Idee jedoch einfach Klasse. Scheinbar gibt es in dieser Gesellschaft, wo es nur noch um das Geld geht, doch noch Menschen die anderen helfen, ohne die Situation (Auto defekt) gnadenlos und grenzenlos auszunutzen. Ich kann solchen fleißigen Helfern in der Not nur danken und ihnen alles Gute wünschen. Ich bin bemüht auch so zu handeln.
Es ist wirklich toll, daß es so Menschen noch gibt. Bin auch gerne im Sommer mit meinem Trabi unterwegs und muß zugeben, daß ich nicht viel Ahnung von der Technik habe und man somit bei längeren Fahrten schon mal grübelt was ist wenn?? Also auch von mir Aplaus!!!!