Cesenatico 2007 – Jubiläum zum 10. Internationalen IFA-Treffen in Italien

Bericht von Roberto Steinhilber

Einleitung

 
Es ist wieder einiges passiert in der Zeit seit unserem Nordkap-Abenteuer „Norwegen 2005 - Der Weg nach Norden“, die Zeit rast dahin und nur Fotos und Erinnerungen bleiben. Was damals mit einer verrückten Idee begann und dann unter lustigen Umständen durchgezogen wurde, hat doch so einiges bewegt. Unser ganz spezieller Dank dafür geht an die „Supertrabi“, besonders an Edgar Haschke, der den gekürzten Beitrag in die Ausgabe 43 aufnahm, und natürlich an Tom Sänger vom Trabiteam Löbau Zittau, der den Bericht in voller Länge samt den Fotos für alle total lesewütigen unter uns auf diese Homepage gestellt hat. Was als ein netter Versuch begann, wurde völlig überraschend zum Erfolg, die auffallend grüne Wunderwaffe ist erstaunlich bekannt geworden. Wie viele Leser über die „Supertrabi“ erreicht wurden, weiß ich nicht mit Sicherheit zu sagen, aber beim TTLZ waren es mehr als zehntausend Zugriffe, wenn wir den ersten Zählerstand vor dem Seitenumbau im letzten Jahr mitzählen dürfen. Diese Zahl hat mich nun mehr als überrascht, denn „tot“ geglaubte Themen leben anscheinend doch länger, als es der typischen Wald- und Wiesenpresse lieb ist. Als ich damals ein Journal suchte, was uns einen Artikel abdruckt und vielleicht ein kleines, und wie ich feststellen musste, komplett illusorisches Sponsoring zukommen lässt, war es vollkommen aussichtslos. Also musste ich danach den Link stichelnder Weise an ein paar Journalisten senden… Stellt euch vor, ich bekam sogar Antworten, aber dafür war es dann zu spät, was ich mit einem Lächeln quittierte. Wie auch immer, es ist viel passiert seitdem. Im letzten Jahr hab ich alte „Versprechfrau“ es nicht geschafft, meinen kurzen Cesenatico-Beitrag zu verfassen, als Ausrede müssen hier die Abschlussprüfungen im Studium herhalten. Wir waren unten und kamen wieder hoch, mit dem charakteristischem Minimalbudget und viel Improvisation, aber ohne ernstzunehmende Bastelei oder „Bremsenausfällen“ in den Alpen, wenn ihr wisst, was ich meine… Danach kam dann nahtlos mein Bordpraktikum, das mich sechs Monate lang zwischen Australien und Südostasien herumschippern ließ. Im Moment schreibe ich an meiner Diplomarbeit, eigentlich die perfekte Ausrede, aber nicht heute! Draußen knallt die Sonne, in Rostock hat sich die Lage nach dem G8-Gipfel scheinbar normalisiert, Warnemünde wird wieder von Sonnenhungrigen, Kreuzfahrtpassagieren und der Schickeria heimgesucht, die Welt scheint also bis auf Kohlendioxidausstoß und Feinstaubbelastung wieder im Gleichgewicht. Alles, was nun noch fehlt, ist die passende Einleitung an eine Tour, die eigentlich ganz gut geplant war und dann wieder doch nicht…

Tag 1 – Zu Besuch bei Freunden in Österreich

Es ist wieder nach 2 Uhr morgens, typisch unpünktlich, denn wir werden es wohl nie schaffen, zur gesetzten Zeit aufzubrechen! Nachdem die grüne Karte für die Autoversicherung doch noch vom Versicherungsmann zu uns gebracht wurde, die alte war „geringfügig“ abgelaufen, die Wettervorhersage für den gesamten Alpenraum inklusive Italien sich als kompletter Alptraum herausstellte und noch allerlei Ramsch aufgetrieben, eingepackt bzw. schnell behoben wurde, konnten wir dann herrlich übermüdet gegen 1 Uhr aufstehen, den Schweröl-Kaffee samt der Aufbackbrötchen runterwürgen und Richtung Garage verschwinden. Gott sei Dank war das Meiste schon in der Rennpappe verstaut, wir haben uns für „Minimalersatzteil und -werkzeugmitnahme“ entschieden, die Rücksitzbank blieb also drin. Wer den Norwegenbeitrag las, dem sollte so einiges, wie auch das Wort „..hausabrisstaugliche Stanze statt kastriertem ordinären Autoradio – sprich Jazzer…“ bekannt vorkommen, erstere war mit von der Partie, denn sie musste nicht zu Hause bleiben. Der Verstärker („Nachbrenner“) war übrigens die einzige Heizung an Bord, aber dazu später mehr. Etwa 2 Uhr 30 war dann Schluss mit lustig, nach ein paar gelangweilten Umdrehungen des Anlassers, die Stanze lief wohl beim Packen zu lange, erwachte der Zweitopf zum blechern klingenden, blau räuchernden Leben. Das während dieser Szenerie beinahe unwirklich klingende Vogelgezwitscher allerlei nachtaktiver Flattertiere mit verstellter innerer Uhr ging augenblicklich unter, der Wahnsinn nahm seinen erwarteten Lauf! Die erste Etappe fahre ich, die Gründe sind hinreichend bekannt. Ein paar Stunden vorher bin ich mit der „Renncitrone“ von Warnemünde nach Eilenburg geheizt, nun fahre ich bei doppeltem Lärm kaum halb so schnell, was mich wieder einiges an Gewöhnung kostet. Die Aldi-Trend-Navigation von Medion macht meinen Karten hassenden Bruder bzw. mich arbeitslos, die Wunderkiste kennt sich überall aus, aber selbst das sollte sich noch ändern. Die hässlichen Bahnübergänge auf der B87 vor Wölpern reißen mich aus dem Tiefschlaf, fast genauso schlimm sind die Straßen durch Leipzig. Das hat den Effekt, dass die Tachonadel schon mal auf Null fällt, den Grund finden wir später. Irgendwo vor Zeitz fahren wir im Dunkeln an die Tanke und binden die Tachowelle mit einem alten Schnürsenkel hoch, nun geht der Tacho wenigstens wieder einigermaßen, sonst müssen wir die Geschwindigkeit vom Navi nehmen, was auf Dauer nicht so toll ist. Kurz vor Gera, wir vertrauen ja der Wunderkiste mit ihrer vermeintlich kürzesten Strecke, stehen wir in eine Staubwolke eingehüllt mitten in einer Baustelle!? Hier hat wohl irgendjemand die Brücke abgerissen und dem Navi nichts davon gesagt!? Nachdem ich beinahe ins Lenkrad gebissen habe, denn ohne das Spielzeug wäre ich da niemals lang gefahren, ändere ich die Routenoption auf ökonomische Strecke, das ist ein wenig länger, aber viel besser für Nerven und Auto. Die neue Umgehung kannte es irgendwie auch nicht, also sind wir quasi über die grüne Wiese gefahren. Nach Gera geht's schneller, wir sind fix unterwegs bis Hof, es wird langsam hell und wir arbeiten uns in Richtung Bayrischer Wald vor. In einem Waldweg mitten im blauweißen Nirgendwo machen wir Tankpause und Fahrerwechsel, der Kaffee aus der Thermoskanne schmeckt zum Davonrennen!? Bemme stellt die Vermutung an, es könne ja am Aldi-Früchtetee liegen, der da sonst immer drin ist… Wenn er schon sagt, dass es nicht so dolle schmeckt, dann ist da auch was dran, der verträgt auch Bunker C für langsam laufende Zweitaktschiffsdiesel!!! Wir futtern uns mit viel Energie durch unsere Vorräte, denn es ist verdammt kühl am frühen Morgen. Vielleicht hätte ich doch auf Bemme hören sollen, denn der wollte die Heizung ja einbauen? Alles klappernder Ballast, also raus damit! Der neue Motor wird jetzt als eingefahren deklariert, denn er läuft wirklich spitze! 30 km vor Passau machen wir eine größere Pause, die Tachowelle ist längst für hirntot erklärt worden und muss jetzt raus. Bemme zweifelt noch immer, bis er dann das kleine Miststück in drei Teilen in den Händen hält, die Hülle plus zwei Teile der eigentlichen Welle, eine „kraftschlüssige“ Verbindung zwischen Getriebe und Tacho ist hier nicht mehr möglich. Kurz darauf sind wir in Passau bei bestem Wetter, wir folgen den Nebenstraßen bis zu unseren Freunden nach Österreich hinein, die sich zuweilen als echte Untergrundstraßenführung herausstellen, aber sie sind in Ordnung. Fast pünktlich zum Mittag um kurz nach 12 Uhr sind wir nach etwa 570 km angekommen, die leckeren Speckknödel sind in Windeseile zubereitet und wir reden unaufhörlich, weil wir uns so selten sehen. An die Stille müssen wir uns auch erst wieder gewöhnen! Wegen der unglaublichen Spritpreise wird der Ofen samt Kanistern mit Bemmes „Langstreckenspezialmischung“ aufgetankt, nun weist uns auch schon der zweite Interessent darauf hin, dass wir unser VW-Zeichen bald verlieren!? Das Witzige daran ist, dass der Kerl BMW fährt?! Unsere untreu gewordene Tachowelle wird in der Restmülltonne mit einer kurzen Andacht zur letzten Ruhe gebettet, schluchz. Bis wir Mitternacht wieder weiter wollen, versuchen wir noch etwas Schlaf abzubekommen. Bemme, der auch im Stehen pennen kann, hat damit ja keine Probleme, ich schon viel eher….

Tag 2 – Nachts über die Alpen bis Mittelitalien

Kurz nach Mitternacht geht es weiter, noch ein wenig Kaffee und ein paar Brötchen, dann geht es mit zwei Jacken wegen der „Heizung“ weiter. Das Wetter verschlechtert sich von Süden her, wir fahren schon auf nassen Straßen, bekommen aber nichts von oben ab. Das ist auch besser so, denn zuweilen lockert sich im Betrieb der linke Scheibenwischer, den wir ja nicht verlieren können oder wollen. Auf dem Weg nach Süden kommen wir schnell vorwärts, es ist kaum Verkehr, die Straßen sind wunderbar, es ist kühl und sauerstoffreich für den Zweitopf unter der Haube. Beim Anstieg zum Katschbergspass steht rechts ein wirklich lustiges Schild: 80 Lärmschutz!? Das ist zu steil für den vierten Gang, aber ob 80 im dritten wirklich mit dem Lärmschutz vereinbar ist? Wie auch immer, die wollen es ja nicht anders! Es wird immer steiler, teilweise ist nur der erste Gang machbar, der Auspuff dürfte komplett ausgeblasen sein, kein Krümel Ruß ist mehr drin und selbst ohne Heizung riecht man die verbrannte Luft im Inneren. Draußen ist es echt laut, aber es macht Spaß! An der Passhöhe sehen wir 2 Grad über null auf dem Thermometer und wir sind im Wolkenstau. Kein Problem, das Navi wird auf 200 m runtergezoomt und ersetzt den Rallyebeifahrer samt seinem Gebetbuch. So tasten wir uns talwärts, immer bedacht, die Bremse zu schonen. Alles, was noch fehlt, ist die Anzeige, ob nach der Kurve ein Fahrzeug kommt oder nicht, aber das ist noch nicht möglich. Ich glaube, wir sind froh darüber, denn wir sind auch so „schnell“ genug. Noch lange vor dem Tal brechen wir durch die Wolken, die Sicht wird schlagartig besser. Kurz vor der Grenze machen wir einen letzten Tankstop vor Italien, Bunkern mit Aufsatzbrettern lautet die Devise. Kurz danach setzt dann der Regen ein, der wem auch immer sei Dank, nur bis etwa Udine reicht. Dennoch schüttet es aus Kannen und die Windböen mögen unser Leichtgewicht überhaupt nicht so sehr. Im Nordteil Italiens ist der Fahrstil noch gesittet, auch das soll sich ja noch ändern, wir haben noch ein Stück zum Üben vor uns. Ab Udine fahren wir auf verträumten Landstraßen durch Venezien und erreichen die Emilia Romagna, die letzten Kilometer fahren wir auf der Küstenstraße SS 309, die letztes Jahr so dermaßen räudig war, dass Bemme sie „Schlaglocha Stradale“ taufte. Der Belag war so fertig, dass wir uns mühelos den Spoiler abgerissen hätten, wenigstens haben sie diese Route erneuert, sodass wir dieses Problem nicht haben. Irgendwo vor Ravenna treffen wir auf einen Zeitzeugen unserer Pappe, es ist ein Fiat 500 im Originalzustand, denn wir ohne jedes Problem wegsägen. An die wenigen Autos, bei denen uns das gelingt, kann man sich immer erinnern… Kurz nach dem Mittag erreichen wir todmüde das Hotel, der Himmel ist komplett bedeckt, alles grau in grau, aber kein Regen. „Unsere“ Italiener, Sieglinde und Bruno, freuen sich, dass auch wir angekommen sind. Zu unserer großen Überraschung bekommen wir entgegen dem Versprechen ein kleines Zimmer im „Tilly“, in dem das Treffen ja auch stattfindet. Da das 10. Jubiläum ansteht, war es komplett ausgebucht, sodass wir in einem befreundeten Hotel unterkommen sollten, aber Essen bzw. Programm im „Tilly“ erleben durften. Alles kam anders, wir bekamen das gemütliche Zimmer mit Blick auf die Pappe. Nur noch Duschen und schlafen, wir haben fast zwei Nächte durchgemacht und sind seit Eilenburg rund 1200 km nur auf Landstraßen unterwegs… So schleppen wir dann alles ins Zimmer und fahren die Rennpappe den Spoiler schonend auf den Parkplatz, nur die Auffahrt über den Gehweg mögen wir nicht, dabei sind wir nicht so tief, dass selbst die Ameisen noch in Deckung gehen müssen… Vor dem Abendessen erledigen wir noch das Organisatorische und melden uns für den Besuch der Rennstrecke in Misano Adriatico an. Wie immer gibt es ein volles Programm während des Treffens. Freundlichkeit, Organisation und Zusammenhalt sind hier schon legendär! Zum Abendessen sind wir pünktlich, die Anderen allerdings auch, sodass es einen Riesenstau an der Salattheke gibt. Das ist uns dann irgendwann zu doof und wir gehen mit Umweg über den „spuckenden“ Getränkeautomaten direkt zu unserem Tisch, was seitens der auf Bananen wartenden Schlange geringfügig missverstanden wird. Noch bevor unser Menü kommt, wir hatten die Wahl und stimmten für Schnitzel – der Abend ist somit „gerettet“ - löst sich die Salatschlange auf und wir stürmen das Grünzeug samt Dressing. Nach dem Dinner gibt’s noch eine kurze Einsatzlagebesprechung, die ich auf einem halben Ohr mitbekomme, denn ich penne in Gedanken bereits friedlich in meinem Bettchen…

Tag 3 – San Leo und die Fahrzeugausstellung am Hafen

Der neue Tag bricht an, es hat ein wenig geregnet und wir stürmen überpünktlich das Frühstücksbüffet, denn wir wollen den freien Vormittag nutzen, um noch ein wenig das Umland unsicher zu machen. Das Hinterland um Cesenatico ist leicht hügelig bis bergig, auf beinahe jedem Stein steht eine Burg oder was davon noch übrig ist, die Strassen sind herrlich eng von „durchwachsener“ Qualität und gleichen einer Kurvenorgie. Speziell die malerischen Orte, in denen die Zeit scheinbar komplett stillsteht, haben es uns angetan. Unser erstes Ziel in der Nähe ist San Leo, eine wahre Trutzburg ähnlich einem Schwalbennest an den Fels geklebt erhebt sie sich in Sichtweite von San Marino aus dem Umland. Geschichtlich ist sie bekannt aus vielerlei Gründen, literarisch wurde sie sogar in Dantes „Göttlicher Komödie“ verarbeitet. Der Ort unter der Burg scheint nahtlos dem Mittelalter entsprungen, nur unsere Knatterkiste schmeißt alles über den Haufen, wir fallen ein klein wenig auf. Das Wunderbare an der Szenerie ist die Tatsache, dass beinahe nichts für den Verkehr gesperrt ist, selbst der riesige asphaltierte Parkplatz ist gratis. Da können sich die deutschen Verkehrsplaner eine Scheibe abschneiden, denn bei uns wäre alles Fußgängerzone. Auf der Fotopirsch machen wir den Ortskern unsicher, schlendern durch Gassen, in denen man beinahe die Spiegel einklappen muss, um sie zu durchfahren und genießen die Aussicht auf die Umgebung. Auf dem Weg hinauf zur Burg machen wir noch eine Fotosession auf dem Marktplatz, der wegen oben angesprochener Erwähnung Piazza „Dante Alighieri“ heißt, und an weiteren malerischen Stellen. Für die Burg selbst haben wir leider zu wenig Zeit, ausgestellt werden alte Möbel samt Gebrauchsgegenständen, die Zelle von Graf Cagliostro, der als Arzt, Alchimist und Freimaurer wegen Ketzerei von der Inquisition zum Tode verurteilt wurde, später jedoch von der Kirche mit lebenslanger Haft „begnadigt“ wurde - er starb nach vierjähriger Haft auf San Leo - und eine umfangreiche Waffensammlung vom Mittelalter bis zum 2. Weltkrieg. Auf dem Rückweg wollen wir noch einen Abstecher nach Torriana unternehmen, bekannt durch eine Burgruine und einen unglaublichen Ausblick über die Adria und hinüber nach San Marino. Die für uns günstige Anfahrt ist wegen Asphaltierungsarbeiten gesperrt, also müssen wir das für diesen Tag vergessen und zurück ins Hotel fahren. Auf dem Weg dahin wäre die Fahrt beim Abbiegen beinahe für immer zu Ende gewesen. Ein LKW fuhr derart dicht auf, dass er weder Blinker noch Bremslicht sehen konnte, im Rückspiegel sah ich nur den Schatten näher kommen und hörte kurz darauf blockierende Reifen, sodass ich im rechten Winkel ohne die Bremse zu benutzen links abgebogen bin, um dem garantierten Zusammenstoß zu entgehen. Ich fürchte, im Super-GAU-Falle wäre hier auch keine Lenkradkralle zum Hinrichten des LKW-Fahrers durch Bemme mehr zum Einsatz gekommen, der wäre glatt durch uns durch gefahren! Nur gut, dass kein Gegenverkehr kam!!! Im Hotel angekommen geht die Putzorgie als Vorbereitung für die Ausstellung im Hafen los, Bemme duldet weder Wasserflecken noch Insekten oder gar Bremsstaub an den Felgenringen seines besten Stückes. Ohne Sonnenbrille war das Auto danach nicht mehr anzusehen, der Lichtreflexe wegen… Auch hier gab es wieder ein interessantes Zusammentreffen mit der Automobilgeschichte, ein originaler Fiat 500 steht neben einem 500er Trabant und ist noch kürzer als dieser… Mit Luftballons festlich geschmückt nehmen pünktlich alle Fahrzeuge Aufstellung ein, nur die Polizei muss uns nun noch zum Hafen eskortieren. Mit großer Begeisterung von Anwohnern und Touristen rollt der Tross hupend, „leicht“ räuchernd und sehr auffallend durch den Badeort und kommt auf dem Marktplatz zum Stehen. So viele Fahrzeuge sind noch nie zum Treffen gekommen, laut Sieglinde sind es 59, dementsprechend eng geht es beim Einparken zu, ohne Einweiser geht fast nix. Hier stehen sie nun alle und konnten von den Schaulustigen zum interessantesten Auto gewählt werden, wobei jeweils die drei Erstplatzierten einen Pokal bekamen. So kam man ins Gespräch mit anderen Fahrern, erfuhr Neuigkeiten und Altbekanntes aus Szene und Technik, hört aber auch „Geständnisse“ von Autozugbenutzern, die dann doch nicht so ganz aus eigener Kraft und auf Achse bis Italien rollten. Rund um unsere Pappe standen interessierte Besucher, denen wir mit Händen und Füßen die Pappentechnik näher brachten, denn wir können leider kein Italienisch und die Einheimischen fast nie Englisch oder Deutsch. Bemme hat alle Explosionsdarstellungen von Getriebe und Motor ausgedruckt im Gepäck, was uns sehr hilfreich war. Richtiggehend geschockt waren einige, dass wir damit bis ans Nordkap gefahren sind, aber genau das erntete Anerkennung. Überraschend oft kam die Frage nach dem sonderbar gebogenen Rohr über dem Vorschalldämpfer, das alle anderen haben, nur wir eben nicht. Dass wir ganz ohne Heizung herumfahren, kann dann doch niemand mehr so ganz verstehen!? Gegen die Konkurrenz mit Flügeltüren und die im Original erhaltenen Oldtimer haben wir keine Chance auf einen Pokal, aber wir tragen es mit Fassung. Gegen Ende der Ausstellung wurden die Gewinner ermittelt, sogar der Bürgermeister sowie der Chef der Tourismuszentrale hielten ihre Ansprache vor allen Versammelten und überreichten die Auszeichnungen. Hupend und wiederum sehr „unauffällig“ war die anschließende Rückfahrt ins „Tilly“, wo man das Abendessen ersehnte. Die besagte „Salatschlange“ wurde wieder erfolgreich umgangen, danach wurde der Tag ausgewertet und das eigentliche zehnjährige Jubiläum mit einer Riesentorte, Sekt, Superstimmung und offenem Ende gefeiert…

Tag 4 – Verschlafene Orte im Hinterland und die Rennstrecke von Misano Adriatico

Die gestrige Party haben wir zu „angemessener“ Zeit verlassen und die Nacht im Doppelstockbett von den zwei Takten unter der Haube verträumt, leider war es mir etwa 20 cm zu kurz ist, denn die Füße schauen unten immer raus. Der neue Tag beginnt mit dem PKB („Pappenkontrollblick“) vom Balkon auf den Parkplatz, wo sie noch vor sich hin schlummert. Alles in Ordnung, so soll es sein! Gleich nach dem Frühstück geht es wieder ins Hinterland, gestern haben wir noch zwei Orte entdeckt, die wir besuchen wollen. Der erste ist Sogliano al Rubicone, ein typisch italienisches Städtchen, wo die Zeit scheinbar stillsteht. Zu Fuß machen wir zuerst die Gassen unsicher, das Auto steht malerisch vor dem Stadttor. Der ganze Ort scheint zu schlafen, obwohl es mitten in der Woche ist, es gibt Unmengen Einbahnstraßen, die selbst bei Richtungsverkehr zu eng für breitere PKW sind und bei uns mit Sicherheit komplett gesperrt wären. Ganz abgesehen davon haben sie derart enge Kurven, dass man reversieren müsste, und ein Gefälle, dass bei Berganfahrt die Kupplung an die Grenzen führt. Wir wollen die obligatorischen Ansichtskarten an Freunde und Verwandtschaft auftreiben und erleben den ultimativen Laden schlechthin. In der Tabacchi-Filiale stören wir den mürrischen Opa beim Kreuzworträtsel, weil wir etwas von ihm kaufen wollen. Allein die Postkarten im Regal, die Auswahl war nicht „berauschend“, hatten absoluten Kultstatus. Speziell die eine hatte es uns angetan, denn sie zeigte die Hauptstraße, die wir gekommen sind, mit herrlich eckigen Autos, die seit dem Anfang der 80er nicht mehr gebaut wurden. Die muss es sein, genau die!!! Mit der Karte in der Hand schauen wir noch mal auf die Straße, komplett identisch, nur die parkenden Autos sind neueren Baujahrs, aber manche nicht wesentlich!?

Im Ort finden wir noch den idealen Fotohintergrund für die Wunderwaffe, eine herrlich enge Hausdurchfahrt aus dem Mittelalter, natürlich eine öffentliche Straße. Ob wir den im Einbahnstraßengewirr ohne Navi wieder finden? Die Antwort ist: Ja, aber mit ein paar Schwierigkeiten! Kurz vor dem Ort sahen wir ein kleines Dorf auf einem Bergrücken mit Burgruine daneben. Wir sehen ihn, aber wie er heißt, das wissen wir nicht!? Also gehts nach Sicht in die grobe Richtung, denn das Navi will ja konkrete Angaben, die wir ihm nicht geben können. Irgendwann stehen wir mittendrin, er heißt San Giovanni in Galilea, keine zehn Häuser, irgendwie niemand auf der Straße und unglaublich sehenswert. Die Ruhe und die Ausstrahlung dieses Fleckchens Erde sind einfach der Hit. Vermutlich sind wir die ersten seit Tagen, die sich dahin verirrt haben. So inspizieren wir die Burgruine und stellen fest, dass der Ort auf exakt 44° nördlicher Breite liegt, der Nautiker lässt grüßen! Das Navi bestätigt das Hinweisschild, was auch gleich den passenden Fotohintergrund bietet. So langsam wird es Zeit für den Rückmarsch zum Hotel, denn heute gibt es Mittagessen statt dem sonst üblichen Abendmenü. Nach einer kurzen Ruhepause setzen sich die ersten Fahrzeuge in Bewegung, die Strecke ist etwa 35 km lang und wir wollen nicht im Pulk fahren, die vielen Ampeln und Kreisverkehre unterwegs reißen den Tross ohnehin auseinander. So besorgen wir die Adresse, füttern unser Navi und fahren als Einzelkämpfer los. Der Weg ist mehr oder weniger unspektakulär, unbedingt erwähnenswert ist immer wieder der typische Fahrstil. Nix für schwache Nerven und zimperliche Fahrweise, das mittlere Pedal ist eher Ballast, es benutzt hier scheinbar niemand. Überholt wird grundsätzlich immer und überall, wenn dir einer die Vorfahrt nimmt, dann wird einfach kurz ausgewichen oder sofort überholt, vollkommen gleich, ob die Sperrlinie doppelt durchgezogen ist oder vielleicht eine Linksabbiegerspur im Wege ist. Die absolute Regel Nummer 1: Im Zweifelsfall erstmal Gas geben! Die private Regel Nummer 2: Wer später bremst, ist länger schnell! Die ersten Kilometer sind eben etwas gewöhnungsbedürftig, aber wir lecken beide Blut und „passen“ uns gern an. Selbst Bemme, der immer um Wohlergehen und Knitterfreiheit seiner Wunderwaffe besorgt ist, findet seinen Gefallen am Fahrstil. In Gedanken hat man ein weißes Tuch mit der roten Sonne um die Stirn… In Misano Adriatico angekommen, sammeln wir uns alle auf dem Vorplatz und warten auf die Nachzügler. Wenn da nicht dieser unbeschreibliche Gewittersound wäre… Eine knallrote Ducati brennt unverkennbar ihre Spuren in die Rennstrecke, der unglaubliche Schalldruck wäre das sichere Ende eines jeden deutschen Dekra-Prüfers, einfach legendär! Die Drehzahl geht scheinbar nicht hoch, aber der Fahrer ist nur am Schalten und hat sichtbare Mühe, bei der Beschleunigungsorgie auf der Zielgeraden das Vorderrad am Boden zu halten!? Dieses Männerspielzeug muss ein Drehmoment haben, das geht ja gar nicht!!! Genug geträumt, wir haben ja auch einen Zweitopf, kein Grund zu meckern! Als die Rennstrecke für uns freigegeben wird, dürfen wir alle zusammen im Konvoi ein paar Runden drehen. Kaum ist man abseits öffentlicher Straßen, nimmt die Vernunft spürbar ab, es wird entgegen der Vereinbarung natürlich doch an den unmöglichsten Orten überholt, als ob es ein Go-Kart-Rennen wäre… Irgendwie müssen wir alle mit den Pappen noch nach Hause kommen, aber soweit denken nicht mehr alle!? Im Anschluss daran steht das Slalom an, als ich die Kegel erblicke, sehe ich wirklich nur die Kegel… Wie soll man da durch passen und vor allem, welche Route fahren??? Aber diese Frage stellt sich jeder, wir sind nicht die Einzigen! Bemme sagt, ich solle fahren, also mache ich das auch. Während der Durchfahrt verwünsche ich das kleine Lenkrad, weil irgendwie nur Lenkvollanschläge zum Ziel führen, Geschwindigkeit bringt absolut nichts, nur pure Erfahrung mit der Pappe. Wenigstens bleiben alle Kegel stehen, nur die Zeit ist zum Davonrennen, ich werde eben alt… Unsere „Mitbewerber“ haben auch sichtliche Mühen und lassen die Kegel kullern, aber ein Riesenspaß war es zweifellos. Als alles weggeräumt ist, wird die Strecke zum allgemeinen Fahren freigegeben, allerdings nur der behelmte Fahrer darf im Auto sitzen, die Haftungssauschlusserklärung lässt grüßen. Wir wollen natürlich gern jeder noch ein paar schrottfreie Runden fahren, um den Sound auch mal von draußen zu hören, denn wir gehen recht laut mit Filter und Auspuff… Beim Warten auf einen Helm ist die Stimmung jäh am Boden, ein Auto verlässt tangential die Strecke, rutscht mit einer Riesendreckwolke durchs Kiesbett und schlägt im Reifenstapel ein. Augenblicklich ist die Strecke gesperrt, die wildesten Mutmaßungen und Gerüchte kursieren, alle sind wieder in der Realität angekommen. Der Fahrer ist glücklicherweise unverletzt, aber das Auto hat was abbekommen. Kaum ist es geborgen und steht auf dem Abschleppwagen, rennt auch alles schon mit den Fotoapparaten los und knipst auf Teufel komm raus. Diese Sensationsgier ist schon traurig, ganz ehrlich! Der Schaden ist unübersehbar, aber es sieht schlimmer aus, als es ist, denn er wird später aus eigener Kraft zum „Tilly“ zurückkehren. Als sich die Aufregung gelegt hat und die Strecke wieder frei ist, geht die Raserei gleich weiter. Wenn man die Szenen in den Kurven beobachtet, dann ist es ein Wunder, dass nicht mehr passiert ist. Wir sind fast froh, dass wir nicht mehr auf die Strecke kommen, die Stimmung ist noch immer getrübt. Kurz vor der Abfahrt Richtung Cesenatico gibt es noch ein Gruppenfoto vor der Rennstrecke, die Lichtverhältnisse sind allerdings nicht mehr prickelnd. Den Rückweg meistern wir mit dem Navi wieder als Einzelkämpfer, finden eine Menge Gefallen an den Kreisverkehren und schlängeln uns durch den Verkehr in Richtung Abendessen, das wir heute selbst auftreiben müssen. Wir wollen heute keine Katze oder ähnliches schlachten, sondern vielmehr die kleine Pizzeria an der Strandpromenade heimsuchen. Dort angekommen, fällt uns sofort eine wild durcheinander kreischende und irgendwie unzurechnungsfähig wirkende Oberstufenklasse auf, die nur aus Deutschland kommen kann. Der Verkäufer versteht etwas Englisch und wir bestellen jeder zwei Riesenstücke Pizza mit viel Käse und Salami, die er als eigene Kreation mit den Belägen nach innen zusammenklappt. Nun sieht das aus, wie schon mal gegessen, aber es schmeckt super und macht wirklich satt, was letztlich zählt, denn Männer denken ja wunderbar praktisch… Nach der Pizza verkrümeln wir uns zum Hotel, in der Nähe dieser Kinder will man nicht unbedingt länger als nötig verbleiben. Pünktlich zur Siegerehrung sind wir zurück, einen Pokal fassen wir nicht ab, zu langsam eben. Viel wichtiger ist für uns das angekündigte Briefing für die Orientierungsfahrt morgen, denn wir sind ja ehrgeizig. Die ganze Zeit schießt uns durch den Kopf, dass wir leichter werden müssen, um flinker durch die Berge zu kommen, was aber nur wichtig ist, wenn es wirklich auf Zeit geht. Die Besprechung ist kurz gehalten und beantwortet einige Fragen, andere wiederum nicht. Es gilt, entlang der vorgegeben Strecke diverse Aufgaben zu erfüllen, und in einem Zeitrahmen von 2 h und 15 min das Ziel zu erreichen. Die Startreihenfolge ist im Minutentakt vorgegeben, aber eben auch flexibel, denn es zählt letztlich nur die Zeit zwischen Start und Ziel. Ich denke, mit unserem „Fahrstil“ ist alles in unter 90 min machbar, aber es gibt ja auch noch die Aufgaben zu lösen… Mit diesen Gedanken schlummern wir in unseren kurzen Bettchen ein…

Tag 5 – Orientierungsfahrt und Schwefelbergwerk

Heute sind alle früh und pünktlich auf den Beinen, eine gewisse Aufregung herrscht und wir sind noch immer unsicher, ab wir den Ofen denn nun ausräumen oder nicht. Es bleibt alles drin und basta, denn wir schaffen das auch so, schneller zu sein, als die breite Masse! Als wir alle die Streckenführung samt der Aufgaben bekommen, sieht man Unmengen Fragezeichen in den Augen, so auch bei uns… Das ist weit mehr, als nur um ein paar Kurven zu heizen, denn die Zeit ist nicht wichtig, es ist eine Gleichmäßigkeitsrallye. So stelle ich den Countdown auf 02 h 15 min auf dem Telefon ein, damit ist die Restzeit immer sofort sichtbar und niemand muss in Hektik verfallen. Sprit haben wir genug, die Elektrodenabstände der Kerzen sind in Ordnung, die Handbremse ist nachgestellt, das Abenteuer kann beginnen! Das Navi wird uns kaum helfen, aber wir sehen wenigstens die Kurven, bevor sie uns sehen… Die erste Station ist eine Manufaktur, bei der wir das Produkt in Erfahrung bringen sollen. Es sind leckere Schokoladen-Eier, wie uns der süße, Englisch sprechende Engel an der Rezeption verrät. Bei der Gelegenheit muss ich sie auch gleich noch nach dem Bürgermeister vom nächsten Ort fragen, dessen Namen ich leider vergessen habe, denn der war gesucht. Weiter geht es in Richtung der nächsten Aufgabe, die Villa Torlonia ist das Ziel. Wo die genau ist, wissen wir nicht, folglich liegt sie an der Strecke. Aber wo? Wir glotzen uns die Augen aus, sehen Pappen vor und hinter uns, verlassen uns aber höchst ungern auf die anderen. An der Einfahrt heizen wir glatt vorbei, also drehen und zurück. Aufgabe: Welcher Dichter hat hier wie lange gewohnt, welcher Fluss fließt am Haus vorbei, und wir brauchen die Abschrift des Textes neben dem Tor. Das ist einfach, aber ich habe kein Latinum und verstehe absolut nichts von dem, was ich da eigentlich schreibe, sehr traurig… Nun forsten wir die englischen Beschreibungen auf den Tafeln durch, finden Unmengen über Seidenraupenzucht und Agrarwirtschaft innerhalb dieser Mauern, aber fast nichts zu Dichtern!? Nun denn, im Hof labere ich beinahe jeden auf Englisch bzw. Deutsch an, um Infos zu bekommen. Ich komme mir vor, wie von Lemmingen verfolgt, aber wirklich aufschlussreich war es nicht. Immerhin weiß ich nun den Namen, nicht aber die Zeit, die er da lebte, denn man sagte mir, dass er da lediglich seinen Urlaub verbrachte. Irgendwoher schnappe ich dann noch zwei Jahreszahlen auf, die ich einfach hinschreibe, denn aus den Rippen kann ich mir nichts schneiden. An einer roten Kreuzung sammeln wir noch die geforderten Pinienzapfen ein, vorsichtshalber vier, vielleicht können wir die gegen wertvolle „Infos“ eintauschen?! In einem Ort sollen wir im Tabacchi eine Ansichtskarte kaufen, die haben aber keine. Oberbingo!!! Wir fahren also weiter, eine andere Karte bringt ja auch nichts. Wir sollen auch noch ein bestimmtes Blatt mitbringen, ein Feigenbaum glaube ich, wo keiner weiß, wie das aussieht. Wenn ein Vergaser dran wäre, so hätten wir ja vielleicht auch Ahnung davon, aber so??? Wir pflücken ein Blatt an einem Baum, der die vermeintlichen Früchte trägt, Fehlanzeige, wie sich später herausstellt… Einen Fluss sollten wir noch herausfinden, der sich allerdings im Ortsnamen versteckte, an einer Kirche galt es die verunglückten Bergleute zu zählen, die im später besuchten Schwefelbergwerk den Tod fanden, was sich aus meiner beschränkten Sicht der Dinge als recht pietätlos herausstellte, und ein paar Ortsnamen mussten aufgeschrieben werden. Ich denke, das waren die Knackpunktaufgaben, natürlich auch etwas Orientierung und die Einhaltung der Zeit. Kurz vor dem Ziel helfen wir noch dem 500er Trabi aus Chemnitz, eine reine Damenmannschaft bestehend aus Mutter und ihren zwei Töchtern. Der will überhaupt nicht mehr laufen, die Batterie ist total am Ende. Anschieben bringt nix und abschleppen können wir nicht, der Heckspoiler ist im Weg. So müssen wir jemanden finden, der das Trio abschleppt und sie zum Ziel zieht, denn stehen lassen wollen wir sie nicht. Auf den letzten Metern mussten wir sie noch überholen, denn die Zeit wurde knapp. Unsere Aufgaben waren ganz gut beantwortet, nur das Blatt war von einer falschen Pflanze. Übrigens war es die richtige Antwort betreffs der Karte im Tabacchi-Laden, denn Sieglinde hat das so abgesprochen, dass die uns praktisch keine verkaufen sollen. Für Verunsicherung hat das ganz sicher gesorgt und ein paar der anderen haben noch ein lustiges Ding erlebt, wie wir später erfahren sollten. Nun kümmern wir uns fix um die Batterie der drei Damen, ein Ladegerät haben sie mit, und freuen uns auf das Mittagessen. Das Ziel ist ein wunderbar gelegenes Sporthotel mit deutscher Führung und großer Motorradbegeisterung, wo wir praktisch das ganze Objekt in Beschlag nehmen. Beim Essen erfahren wir, dass ein paar Teams versuchten, in Sogliano al Rubicone eine Ansichtskarte zu kaufen. Ratet mal, bei wem die alle waren??? Richtig, beim mürrischen Opa in seinem Tabacchi-Laden, der von einem ganzen Rudel in seinem geliebten Kreuzworträtsel gestört wurde. Der Ärmste muss eine katastrophale Laune gehabt haben, was wir sofort glauben!!! Anschließend setzt sich der ganze Tross Richtung Schwefelbergwerk nach Miniera in Bewegung, unserem nächsten Programmhöhepunkt. Der Schacht wurde bis in die 60er Jahre betrieben und beherbergt eine umfangreiche Mineralienausstellung aus aller Welt, natürlich auch der Mine selbst, und zeigt deutlich den harten Grubenalltag der Bergleute. Eine volle Schicht unter der Gasmaske wollen wir uns alle nicht vorstellen, aber die Schwefeldämpfe sind nun mal hochgiftig. Unter deutscher Führung hören wir einen Vortrag über die Mine und ihre Geschichte, über die Lebensbedingungen der Leute und die Auswirkungen der Schließung für die ganze Umgebung. Danach werden wir in die Ausstellung entlassen und dürfen auch das Freigelände besichtigen, der alte Schacht selbst ist leider für die Öffentlichkeit geschlossen. Die Anlage liegt auf etwa 600 m über dem Meeresspiegel, aber abgebaut wurde der Schwefel bis unterhalb dessen! Die Zeit zwischen Besichtigung und Abendessen steht wieder zur freien Verfügung, viel ist es nicht mehr, also nutzen wir sie. Über die harten Nebenstraßen kämpfen wir uns durch die Landschaft, bis wir auf einem unbefestigten Weg stehen, wo dann die Fahrt zu Ende ist. Bemme kocht, weil der Spoiler gekratzt hat, und verwünscht das Navi auf die Mondrückseite. Wir drehen fast mitten in der Wiese und ich ändere die Routenoption auf ökonomische Strecke. Ich glaube, die Straßen hier sind in keiner normalen Karte drin, aber man kommt von Ort zu Ort, von denen wenigstens die Hälfte im Atlas fehlt. Einer davon besticht durch eine Kapelle auf einem kleinen Berg, als wir näher kommen, „identifizieren“ wir den Flecken als Montetiffi. Sieglinde erwähnt den malerischen Ort und wir haben ihn durch Zufall gefunden. Einfach herrlich, keine zehn Häuser und eine uraltes Kloster mittendrin. Wer hier wohnt, muss nie in den Urlaub fahren, denn hier ist immer Sonntag Nachmittag! Nach ein paar Fotos müssen wir weiter, die Zeit drückt, denn wir wollen unbedingt noch Torriana mitnehmen, vor zwei Tagen hat es ja nicht geklappt. Die Burgruine auf dem Felsen ist einfach irre, die Aussicht muss man wirklich erlebt haben. Von San Marino im Süden kann man über die Adria bis weit nach Norden sehen. Nun aber mit Volldampf zurück zum Hotel, denn vor dem Essen war ja noch ein Abschlussfoto geplant, auf dem wir nicht fehlen dürfen. Alles, was wir an Zeit vergeigt haben, müssen wir auf der Straße wieder rausholen! Mit heißen Bremsen kommen wir genau rechtzeitig zur Fotosession und finden einen Platz am Rand. Die Aufstellung der Autos muss ewig gedauert haben, verpasst haben wir also nicht wirklich etwas… Immerhin kommen manche Nachzügler noch später an, was das „Gewissen“ beruhigt! Zum letzten Male genießen wir unser Abendessen, im Anschluss ist die Siegerehrung der Orientierungsfahrt mit einer Tombola und der gleichzeitigen Abschlussfete geplant. Unsere Lose sind beides Nieten, Pech für uns. Sie machen es spannend und beginnen bei den schlechtesten Plätzen der Fahrt, immer mehr und mehr Nummern werden aufgerufen, wir sind noch immer nicht dabei… Haben die uns vergessen oder überlesen? Schon der vierte Platz, danach der dritte Platz… Und wir? „…und der zweite Platz geht an die Startnummer 42…“ Das sind wir!? In grober Vorahnung hab ich mir einen Fotoplatz gesucht, Bemme geht die Silberkanne holen. Sein glückliches Grinsen macht die Überraschung perfekt, denn damit hat irgendwie keiner wirklich gerechnet. Die beiden verrückten Chaoten haben den zweiten Platz gemacht, damit können wir leben! Später stellt sich heraus, dass uns nur eine Minute zum Gesamtsieg gefehlt hat, das hätten wir locker geschafft, aber wir wollen sicher nicht meckern! Kati, die Tochter des Hauses und der gute Engel vom Dienst, denn sie ist immer und überall, läuft zu Höchstform auf, als sie die Sektflaschen öffnet. Dieses Temperament lässt bei den meisten deutschen Frauen doch sehr zu wünschen übrig… Ewig können wir heute nicht machen, denn wir wollen um 4 Uhr aufbrechen und es ist bereits nach Mitternacht. Als sich die Reihen langsam lichten, verschwinden auch wir auf unser Zimmerchen, an Schlaf ist kaum zu denken, es lohnt ja auch nicht wirklich…

Tag 6 – Über die Alpen bis nördlich München

Wir fallen aus dem Bett wie Falschgeld, geschlafen hat keiner, es ist stockduster draußen und wir tappen in den leeren Speisesaal, es ist alles mit Sieglinde abgesprochen und eingedeckt. Nun noch raus, den Rest ins Auto gepackt, ganz leise vom Parkplatz runter schieben und auf der Straße anlassen, sonst steht ja alles im Bett. Voll gebunkert haben wir gestern, das Navi ist gefüttert und der Rückmarsch kann beginnen. Es ist lange frisch und duster, wenig Verkehr, gute Straßen und wir kommen prima voran. Die größeren Städte umfahren wir ohnehin, sodass wir auf großartigen Verkehr auch von der Zeit her nicht stoßen werden. Noch vor dem Mittag haben wir die Alpen erreicht, wir wollen über den Passo Manghen und das Lavaze-Joch nach Südtirol rein, dann runter bis Bozen und die Brennerstraße bis Innsbruck, dann nur noch bis München und das war's auch schon für heute… Beim Anstieg auf den Manghen erleben wir Kurven ohne Ende, es ist locker bewölkt, schneidiger Wind und es ist wirklich saukalt, speziell oben auf der Passhöhe! Wir sind auch mehr als 2000 m hoch, kein Wunder also. Die Sicht ist wunderbar, aber nach ein paar Fotos geht's weiter, es ist wirklich ungemütlich. Nun geht's darum, die Bremsen zu schonen, wir haben keine Lust auf Bastelstunde, also machen wir Pause und futtern uns durch die Vorräte. Links vorn hat etwas zuviel Abrieb, aber alles im Rahmen. Im Tal kaufen wir ein, wir wollen noch ein paar Snacks für den Mittag auftreiben, bevor es über das Lavaze-Joch runter in das Eggen-Tal bis Bozen abwärts geht. Das Joch ist genauso wenig befahren wie der Manghen, aber es ist weniger spektakulär. Im Eggen-Tal selbst wird wie irre gebaut, die schöne Felspassage ist durch Umgehungstunnel ziemlich entstellt worden, was wir sehr schade finden. 1995 waren wir dort im Urlaub, da war die Straße wesentlich schöner, aber auch viel anspruchsvoller zu fahren. Die Bundesstraße auf den Brenner hinauf ist gut ausgebaut, also nicht der Rede wert. Kurz vor der Passhöhe kippen wir noch einen Kanister nach und machen Mittag. In Innsbruck kommen wir in den Verkehr rein, aber durch die Stadt sind wir schnell durch. Nur noch Bunkern in Österreich, dann ab über den Scharnitz-Pass nach Deutschland rein, an Walchen- und Kochelsee in Richtung München. Das Wetter wird immer schlechter, vor München beginnt dann der Regen. Durch die Stadt kommen wir mit viel Verkehr, wir stauen uns in Richtung Dachau und haben nur noch wenige Kilometer bis zum Ziel. Bloß gut, dann es waren fast 700 Kilometer auf der Landstraße… Nach der Dusche gibt es Pizza, etwas labern und ab ins Bett. Morgen geht's den Rest bis Eilenburg durch…

Tag 7 – Die letzten Kilometer…
Wir verpennen und brechen viel zu spät auf, das Übliche mal wieder, aber uns stresst niemand, denn Bemme hat am nächsten Tag auch noch Urlaub. Bei Hof wollen wir noch kurz bei Bekannten Hallo sagen, aber dort müssen wir erst hinkommen. Das Navi führt uns gut um die großen Städte herum, wir bekommen viel Landschaft zu sehen und sind am späten Nachmittag bei Hof. Das Hallo ist eine reichliche Stunde lang, es ist schon spät und wir haben noch etwa vier Stunden bis Eilenburg vor uns. Kurz vor Leipzig kippen wir den letzten Kanister nach, ich fahre den Rest wegen der Dunkelheit. Noch schnell durch die Stadt und ab nach Eilenburg, die kurze Strecke schockt nun auch niemanden mehr. Ausgeräumt ist alles schnell, Ersatzteile samt Werkzeug in den Keller, die Klamotten in die Bude und die Rennpappe darf in der Garage schlafen, was sie sich redlich verdient hat…

Der Tag danach und ein paar Gedanken
Am Morgen schlafen wir mal etwas länger, die Hitze bringt uns in die Kiste und wir gehen trotzdem in die Garage. Vorsichtshalber sehen wir nach der Bremse, denn wir vertrauen ihr nicht mehr so recht, es ist zuviel vorgefallen in den letzten Jahren. Also das Auto auf die Klötzer gestellt, Räder runter und Trommeln ab. Und …?! Vorn links fällt uns der Belag in Stückchen entgegen, was auch den Abrieb erklärt. Aber der Rest ist soweit in Ordnung, womit wir gut leben können. Nun noch die Handbremse nachstellen, die nehmen wir meist zur Entlastung auf langen Gefällestrecken, und die komplette Vorderachse samt Lenkung abschmieren. Als der Ofen wieder auf Rädern steht, stellen wir fest, dass ein Bolzen zwischen Krümmer und Vorschaller fehlt!? An der Tankstelle vor Leipzig gestern Abend war er noch da, was Bemme total penibel kontrolliert, seit wir in Norwegen einen verloren haben. Schwund gibt’s eben überall, also basteln wir einen neuen dran und fahren zum Waschen, weil die Insekten vom Lack runter müssen….
All das ist schon wieder über vier Wochen her, ich wollte den Bericht längst fertig haben, komme aber wegen der Diplomarbeit nicht wirklich zu etwas. So musste ich dann wieder das meiste aus der Erinnerung schreiben, was mir bei den vielen Eindrücken nie sehr schwer fällt. Was sich hier immer so ganz leicht und machbar anhört, ist es in Wirklichkeit nicht. Wer mal solche Strecken mit der Pappe auf der Landstraße selbst gefahren ist, kann das sicher verstehen. Trotz allem Stress muss das einfach sein, denn ein gewisses Abenteuer samt den kleinen Unsicherheiten bleibt es immer, was die Sache stets spannend macht. Ich darf auch nie an die ersten Kilometer in der Nacht denken, todmüde, laut, langsam und immer das Gefühl im Hinterkopf, niemals anzukommen… Von dem gestörten Gelaber zwischen uns mal ganz abgesehen, wir hoffen stets, dass das niemand hört!? Aber dann kommt das innere Lächeln zurück, weil wir das immer schaffen, und wenn es das Letzte ist, was wir tun! Ebendieses Lächeln muss dann wenigstens ein Jahr anhalten, bevor die nächste kranke Aktion gestartet wird, solange es noch geht. Was im Jahr 2008 wird, vermag ich nicht zu sagen. Keine Ahnung, ob ich Urlaub bekomme, oder mich sonst wo auf einem Containerschiff herumtreibe, aber mitfahren will ich sicher, wenn es sich irgendwie ermöglichen lässt. Falls sich natürlich hier auf diesen Seiten eine adrette junge Dame findet, die wahnsinnig genug ist, sich eine solche Tour zusammen mit meinem Bruder anzutun, so würde ich meinen Bordmechaniker- und Navigatorjob auch gern an sie abgeben. Aber wahrscheinlich werde ich in diesem Falle sowieso fristlos von ihm gefeuert… Aussagekräftige „Bewerbungen“ werden jederzeit durch mich weitergeleitet!!! Mit einem breiten Lächeln will ich diesen Bericht zum Ende bringen, denn in Gedanken bin ich mitten in einer Pause neben der Pappe, lausche dem Auspuffknacken, rieche die verbrannte Luft, habe Spritgeruch an den Händen, schlürfe den abgestandenen Kaffee aus der Thermoskanne und plane eine interessante Route für die nächste gestörte Aktion…

Ergebnisse der Wettkämpfe.

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