Cesenatico 2007 – Jubiläum zum 10.
Internationalen IFA-Treffen in Italien
Bericht von Roberto Steinhilber
Einleitung
Es ist wieder
einiges passiert in der Zeit seit unserem
Nordkap-Abenteuer „Norwegen 2005 -
Der Weg nach Norden“, die Zeit rast dahin und nur Fotos und Erinnerungen
bleiben. Was damals mit einer verrückten Idee begann und dann unter lustigen
Umständen durchgezogen wurde, hat doch so einiges bewegt. Unser ganz spezieller
Dank dafür geht an die „Supertrabi“, besonders an Edgar Haschke, der den
gekürzten Beitrag in die Ausgabe 43 aufnahm, und natürlich an Tom Sänger vom
Trabiteam Löbau Zittau, der den Bericht in voller Länge samt den Fotos für alle
total lesewütigen unter uns auf diese Homepage gestellt hat. Was als ein netter
Versuch begann, wurde völlig überraschend zum Erfolg, die auffallend grüne
Wunderwaffe ist erstaunlich bekannt geworden. Wie viele Leser über die „Supertrabi“
erreicht wurden, weiß ich nicht mit Sicherheit zu sagen, aber beim TTLZ waren es
mehr als zehntausend Zugriffe, wenn wir den ersten Zählerstand vor dem
Seitenumbau im letzten Jahr mitzählen dürfen. Diese Zahl hat mich nun mehr als
überrascht, denn „tot“ geglaubte Themen leben anscheinend doch länger, als es
der typischen Wald- und Wiesenpresse lieb ist. Als ich damals ein Journal
suchte, was uns einen Artikel abdruckt und vielleicht ein kleines, und wie ich
feststellen musste, komplett illusorisches Sponsoring zukommen lässt, war es
vollkommen aussichtslos. Also musste ich danach den Link stichelnder Weise an
ein paar Journalisten senden… Stellt euch vor, ich bekam sogar Antworten, aber
dafür war es dann zu spät, was ich mit einem Lächeln quittierte. Wie auch immer,
es ist viel passiert seitdem. Im letzten Jahr hab ich alte „Versprechfrau“ es
nicht geschafft, meinen kurzen Cesenatico-Beitrag zu verfassen, als Ausrede
müssen hier die Abschlussprüfungen im Studium herhalten. Wir waren unten und
kamen wieder hoch, mit dem charakteristischem Minimalbudget und viel
Improvisation, aber ohne ernstzunehmende Bastelei oder „Bremsenausfällen“ in den
Alpen, wenn ihr wisst, was ich meine… Danach kam dann nahtlos mein
Bordpraktikum, das mich sechs Monate lang zwischen Australien und Südostasien
herumschippern ließ. Im Moment schreibe ich an meiner Diplomarbeit, eigentlich
die perfekte Ausrede, aber nicht heute! Draußen knallt die Sonne, in Rostock hat
sich die Lage nach dem G8-Gipfel scheinbar normalisiert, Warnemünde wird wieder
von Sonnenhungrigen, Kreuzfahrtpassagieren und der Schickeria heimgesucht, die
Welt scheint also bis auf Kohlendioxidausstoß und Feinstaubbelastung wieder im
Gleichgewicht. Alles, was nun noch fehlt, ist die passende Einleitung an eine
Tour, die eigentlich ganz gut geplant war und dann wieder doch nicht…
Tag 1 – Zu Besuch bei Freunden in Österreich
Es ist wieder nach 2 Uhr morgens, typisch unpünktlich, denn wir werden es wohl
nie schaffen, zur gesetzten Zeit aufzubrechen! Nachdem die grüne Karte für die
Autoversicherung doch noch vom Versicherungsmann zu uns gebracht wurde, die alte
war „geringfügig“ abgelaufen, die Wettervorhersage für den gesamten Alpenraum
inklusive Italien sich als kompletter Alptraum herausstellte und noch allerlei
Ramsch aufgetrieben, eingepackt bzw. schnell behoben wurde, konnten wir dann
herrlich übermüdet gegen 1 Uhr aufstehen, den Schweröl-Kaffee samt der
Aufbackbrötchen runterwürgen und Richtung Garage verschwinden. Gott sei Dank war
das Meiste schon in der Rennpappe verstaut, wir haben uns für „Minimalersatzteil
und -werkzeugmitnahme“ entschieden, die Rücksitzbank blieb also drin. Wer den
Norwegenbeitrag las, dem sollte so einiges, wie auch das Wort
„..hausabrisstaugliche Stanze statt kastriertem ordinären Autoradio – sprich
Jazzer…“ bekannt vorkommen, erstere war mit von der Partie, denn sie musste
nicht zu Hause bleiben. Der Verstärker („Nachbrenner“) war übrigens die einzige
Heizung an Bord, aber dazu später mehr. Etwa 2 Uhr 30 war dann Schluss mit
lustig, nach ein paar gelangweilten Umdrehungen des Anlassers, die Stanze lief
wohl beim Packen zu lange, erwachte der Zweitopf zum blechern klingenden, blau
räuchernden Leben. Das während dieser Szenerie beinahe unwirklich klingende
Vogelgezwitscher allerlei nachtaktiver Flattertiere mit verstellter innerer Uhr
ging augenblicklich unter, der Wahnsinn nahm seinen erwarteten Lauf! Die erste
Etappe fahre ich, die Gründe sind hinreichend bekannt. Ein paar Stunden vorher
bin ich mit der „Renncitrone“ von Warnemünde nach Eilenburg geheizt, nun fahre
ich bei doppeltem Lärm kaum halb so schnell, was mich wieder einiges an
Gewöhnung kostet. Die Aldi-Trend-Navigation von Medion macht meinen Karten
hassenden Bruder bzw. mich arbeitslos, die Wunderkiste kennt sich überall aus,
aber selbst das sollte sich noch ändern. Die hässlichen Bahnübergänge auf der B87 vor Wölpern reißen mich aus dem Tiefschlaf, fast genauso schlimm sind die
Straßen durch Leipzig. Das hat den Effekt, dass die Tachonadel schon mal auf
Null fällt, den Grund finden wir später. Irgendwo vor Zeitz fahren wir im
Dunkeln an die Tanke und binden die Tachowelle mit einem alten Schnürsenkel
hoch, nun geht der Tacho wenigstens wieder einigermaßen, sonst müssen wir die
Geschwindigkeit vom Navi nehmen, was auf Dauer nicht so toll ist. Kurz vor Gera,
wir vertrauen ja der Wunderkiste mit ihrer vermeintlich kürzesten Strecke,
stehen wir in eine Staubwolke eingehüllt mitten in einer Baustelle!? Hier hat
wohl irgendjemand die Brücke abgerissen und dem Navi nichts davon gesagt!?
Nachdem ich beinahe ins Lenkrad gebissen habe, denn ohne das Spielzeug wäre ich
da niemals lang gefahren, ändere ich die Routenoption auf ökonomische Strecke,
das ist ein wenig länger, aber viel besser für Nerven und Auto. Die neue
Umgehung kannte es irgendwie auch nicht, also sind wir quasi über die grüne
Wiese gefahren. Nach Gera geht's schneller, wir sind fix unterwegs bis Hof, es
wird langsam hell und wir arbeiten uns in Richtung Bayrischer Wald vor. In einem
Waldweg mitten im blauweißen Nirgendwo machen wir Tankpause und Fahrerwechsel,
der Kaffee aus der Thermoskanne schmeckt zum Davonrennen!? Bemme stellt die
Vermutung an, es könne ja am Aldi-Früchtetee liegen, der da sonst immer drin
ist… Wenn er schon sagt, dass es nicht so dolle schmeckt, dann ist da auch was
dran, der verträgt auch Bunker C für langsam laufende Zweitaktschiffsdiesel!!!
Wir futtern uns mit viel Energie durch unsere Vorräte, denn es ist verdammt kühl
am frühen Morgen. Vielleicht hätte ich doch auf Bemme hören sollen, denn der
wollte die Heizung ja einbauen? Alles klappernder Ballast, also raus damit! Der
neue Motor wird jetzt als eingefahren deklariert, denn er läuft wirklich spitze!
30 km vor Passau machen wir eine größere Pause, die Tachowelle ist längst für
hirntot erklärt worden und muss jetzt raus. Bemme zweifelt noch immer, bis er
dann das kleine Miststück in drei Teilen in den Händen hält, die Hülle plus zwei Teile
der eigentlichen Welle, eine „kraftschlüssige“ Verbindung zwischen Getriebe und
Tacho ist hier nicht mehr möglich. Kurz darauf sind wir in Passau bei bestem
Wetter, wir folgen den Nebenstraßen bis zu unseren Freunden nach Österreich
hinein, die sich zuweilen als echte Untergrundstraßenführung herausstellen, aber
sie sind in Ordnung. Fast pünktlich zum Mittag um kurz nach 12 Uhr sind wir nach
etwa 570 km angekommen, die leckeren Speckknödel sind in Windeseile zubereitet
und wir reden unaufhörlich, weil wir uns so selten sehen. An die Stille müssen
wir uns auch erst wieder gewöhnen! Wegen der unglaublichen Spritpreise wird der
Ofen samt Kanistern mit Bemmes „Langstreckenspezialmischung“ aufgetankt, nun
weist uns auch schon der zweite Interessent darauf hin, dass wir unser VW-Zeichen
bald verlieren!? Das Witzige daran ist, dass der Kerl BMW fährt?! Unsere untreu
gewordene Tachowelle wird in der Restmülltonne mit einer kurzen Andacht zur
letzten Ruhe gebettet, schluchz. Bis wir Mitternacht wieder weiter wollen,
versuchen wir noch etwas Schlaf abzubekommen. Bemme, der auch im Stehen pennen
kann, hat damit ja keine Probleme, ich schon viel eher….
Tag 2 – Nachts über die Alpen bis Mittelitalien
Kurz nach Mitternacht geht es weiter, noch ein wenig Kaffee und ein paar
Brötchen, dann geht es mit zwei Jacken wegen der „Heizung“ weiter. Das Wetter
verschlechtert sich von Süden her, wir fahren schon auf nassen Straßen, bekommen
aber nichts von oben ab. Das ist auch besser so, denn zuweilen lockert sich im
Betrieb der linke Scheibenwischer, den wir ja nicht verlieren können oder
wollen. Auf dem Weg nach Süden kommen wir schnell vorwärts, es ist kaum Verkehr,
die Straßen sind wunderbar, es ist kühl und sauerstoffreich für den Zweitopf
unter der Haube. Beim Anstieg zum Katschbergspass steht rechts ein wirklich
lustiges Schild: 80 Lärmschutz!? Das ist zu steil für den vierten Gang, aber ob 80 im
dritten wirklich mit dem Lärmschutz vereinbar ist? Wie auch immer, die wollen es ja
nicht anders! Es wird immer steiler, teilweise ist nur der erste Gang machbar, der
Auspuff dürfte komplett ausgeblasen sein, kein Krümel Ruß ist mehr drin und
selbst ohne Heizung riecht man die verbrannte Luft im Inneren. Draußen ist es
echt laut, aber es macht Spaß! An der Passhöhe sehen wir 2 Grad über null auf
dem Thermometer und wir sind im Wolkenstau. Kein Problem, das Navi wird auf 200
m runtergezoomt und ersetzt den Rallyebeifahrer samt seinem Gebetbuch. So tasten
wir uns talwärts, immer bedacht, die Bremse zu schonen. Alles, was noch fehlt,
ist die Anzeige, ob nach der Kurve ein Fahrzeug kommt oder nicht, aber das ist
noch nicht möglich. Ich glaube, wir sind froh darüber, denn wir sind auch so
„schnell“ genug. Noch lange vor dem Tal brechen wir durch die Wolken, die Sicht
wird schlagartig besser. Kurz vor der Grenze machen wir einen letzten Tankstop
vor Italien, Bunkern mit Aufsatzbrettern lautet die Devise. Kurz danach setzt
dann der Regen ein, der wem auch immer sei Dank, nur bis etwa Udine reicht.
Dennoch schüttet es aus Kannen und die Windböen mögen unser Leichtgewicht
überhaupt nicht so sehr. Im Nordteil Italiens ist der Fahrstil noch gesittet,
auch das soll sich ja noch ändern, wir haben noch ein Stück zum Üben vor uns. Ab
Udine fahren wir auf verträumten Landstraßen durch Venezien und erreichen die
Emilia Romagna, die letzten Kilometer fahren wir auf der Küstenstraße SS 309,
die letztes Jahr so dermaßen räudig war, dass Bemme sie „Schlaglocha Stradale“
taufte. Der Belag war so fertig, dass wir uns mühelos den Spoiler abgerissen
hätten, wenigstens haben sie diese Route erneuert, sodass wir dieses Problem
nicht haben. Irgendwo vor Ravenna treffen wir auf einen Zeitzeugen unserer
Pappe, es ist ein Fiat 500 im Originalzustand, denn wir ohne jedes Problem
wegsägen. An die wenigen Autos, bei denen uns das gelingt, kann man sich immer
erinnern… Kurz nach dem Mittag erreichen wir todmüde das Hotel, der Himmel ist
komplett bedeckt, alles grau in grau, aber kein Regen. „Unsere“ Italiener,
Sieglinde und Bruno, freuen sich, dass auch wir angekommen sind. Zu unserer
großen Überraschung bekommen wir entgegen dem Versprechen ein kleines Zimmer im
„Tilly“, in dem das Treffen ja auch stattfindet. Da das 10. Jubiläum ansteht, war
es komplett ausgebucht, sodass wir in einem befreundeten Hotel unterkommen
sollten, aber Essen bzw. Programm im „Tilly“ erleben durften. Alles kam anders,
wir bekamen das gemütliche Zimmer mit Blick auf die Pappe. Nur noch Duschen und
schlafen, wir haben fast zwei Nächte durchgemacht und sind seit Eilenburg rund 1200
km nur auf Landstraßen unterwegs… So schleppen wir dann alles ins Zimmer und
fahren die Rennpappe den Spoiler schonend auf den Parkplatz, nur die Auffahrt
über den Gehweg mögen wir nicht, dabei sind wir nicht so tief, dass selbst die
Ameisen noch in Deckung gehen müssen… Vor dem Abendessen erledigen wir noch das
Organisatorische und melden uns für den Besuch der Rennstrecke in Misano
Adriatico an. Wie immer gibt es ein volles Programm während des Treffens.
Freundlichkeit, Organisation und Zusammenhalt sind hier schon legendär! Zum
Abendessen sind wir pünktlich, die Anderen allerdings auch, sodass es einen
Riesenstau an der Salattheke gibt. Das ist uns dann irgendwann zu doof und wir
gehen mit Umweg über den „spuckenden“ Getränkeautomaten direkt zu unserem Tisch,
was seitens der auf Bananen wartenden Schlange geringfügig missverstanden wird.
Noch bevor unser Menü kommt, wir hatten die Wahl und stimmten für Schnitzel –
der Abend ist somit „gerettet“ - löst sich die Salatschlange auf und wir
stürmen das Grünzeug samt Dressing. Nach dem Dinner gibt’s noch eine kurze
Einsatzlagebesprechung, die ich auf einem halben Ohr mitbekomme, denn ich penne
in Gedanken bereits friedlich in meinem Bettchen…
Tag 3 – San Leo und die Fahrzeugausstellung am Hafen
Der neue Tag bricht an, es hat ein wenig geregnet und wir stürmen überpünktlich
das Frühstücksbüffet, denn wir wollen den freien Vormittag nutzen, um noch ein
wenig das Umland unsicher zu machen. Das Hinterland um Cesenatico ist leicht
hügelig bis bergig, auf beinahe jedem Stein steht eine Burg oder was davon noch
übrig ist, die Strassen sind herrlich eng von „durchwachsener“ Qualität und
gleichen einer Kurvenorgie. Speziell die malerischen Orte, in denen die Zeit
scheinbar komplett stillsteht, haben es uns angetan. Unser erstes Ziel in der
Nähe ist San Leo, eine wahre Trutzburg ähnlich einem Schwalbennest an den Fels
geklebt erhebt sie sich in Sichtweite von San Marino aus dem Umland.
Geschichtlich ist sie bekannt aus vielerlei Gründen, literarisch wurde sie sogar
in Dantes „Göttlicher Komödie“ verarbeitet. Der Ort unter der Burg scheint
nahtlos dem Mittelalter entsprungen, nur unsere Knatterkiste schmeißt alles über
den Haufen, wir fallen ein klein wenig auf. Das Wunderbare an der Szenerie ist
die Tatsache, dass beinahe nichts für den Verkehr gesperrt ist, selbst der
riesige asphaltierte Parkplatz ist gratis. Da können sich die deutschen
Verkehrsplaner eine Scheibe abschneiden, denn bei uns wäre alles Fußgängerzone.
Auf der Fotopirsch machen wir den Ortskern unsicher, schlendern durch Gassen, in
denen man beinahe die Spiegel einklappen muss, um sie zu durchfahren und
genießen die Aussicht auf die Umgebung. Auf dem Weg hinauf zur Burg machen wir
noch eine Fotosession auf dem Marktplatz, der wegen oben angesprochener
Erwähnung Piazza „Dante Alighieri“ heißt, und an weiteren malerischen Stellen.
Für die Burg selbst haben wir leider zu wenig Zeit, ausgestellt werden alte
Möbel samt Gebrauchsgegenständen, die Zelle von Graf Cagliostro, der als Arzt,
Alchimist und Freimaurer wegen Ketzerei von der Inquisition zum Tode verurteilt
wurde, später jedoch von der Kirche mit lebenslanger Haft „begnadigt“ wurde - er
starb nach vierjähriger Haft auf San Leo - und eine umfangreiche Waffensammlung
vom Mittelalter bis zum 2. Weltkrieg. Auf dem Rückweg wollen wir noch einen
Abstecher nach Torriana unternehmen, bekannt durch eine Burgruine und einen
unglaublichen Ausblick über die Adria und hinüber nach San Marino. Die für uns
günstige Anfahrt ist wegen Asphaltierungsarbeiten gesperrt, also müssen wir das
für diesen Tag vergessen und zurück ins Hotel fahren. Auf dem Weg dahin wäre die
Fahrt beim Abbiegen beinahe für immer zu Ende gewesen. Ein LKW fuhr derart dicht auf,
dass er weder Blinker noch Bremslicht sehen konnte, im Rückspiegel sah ich nur
den Schatten näher kommen und hörte kurz darauf blockierende Reifen, sodass ich im
rechten Winkel ohne die Bremse zu benutzen links abgebogen bin, um dem
garantierten Zusammenstoß zu entgehen. Ich fürchte, im Super-GAU-Falle wäre hier
auch keine Lenkradkralle zum Hinrichten des LKW-Fahrers durch Bemme mehr zum
Einsatz gekommen, der wäre glatt durch uns durch gefahren! Nur gut, dass kein
Gegenverkehr kam!!! Im Hotel angekommen geht die Putzorgie als Vorbereitung für
die Ausstellung im Hafen los, Bemme duldet weder Wasserflecken noch Insekten
oder gar Bremsstaub an den Felgenringen seines besten Stückes. Ohne Sonnenbrille
war das Auto danach nicht mehr anzusehen, der Lichtreflexe wegen… Auch hier gab
es wieder ein interessantes Zusammentreffen mit der Automobilgeschichte, ein
originaler Fiat 500 steht neben einem 500er Trabant und ist noch kürzer als
dieser… Mit Luftballons festlich geschmückt nehmen pünktlich alle Fahrzeuge
Aufstellung ein, nur die Polizei muss uns nun noch zum Hafen eskortieren. Mit
großer Begeisterung von Anwohnern und Touristen rollt der Tross hupend,
„leicht“ räuchernd und sehr auffallend durch den Badeort und kommt auf dem
Marktplatz zum Stehen. So viele Fahrzeuge sind noch nie zum Treffen gekommen,
laut Sieglinde sind es 59, dementsprechend eng geht es beim Einparken zu, ohne
Einweiser geht fast nix. Hier stehen sie nun alle und konnten von den
Schaulustigen zum interessantesten Auto gewählt werden, wobei jeweils die drei
Erstplatzierten einen Pokal bekamen. So kam man ins Gespräch mit anderen
Fahrern, erfuhr Neuigkeiten und Altbekanntes aus Szene und Technik, hört aber
auch „Geständnisse“ von Autozugbenutzern, die dann doch nicht so ganz aus
eigener Kraft und auf Achse bis Italien rollten. Rund um unsere Pappe standen
interessierte Besucher, denen wir mit Händen und Füßen die Pappentechnik näher
brachten, denn wir können leider kein Italienisch und die Einheimischen fast nie
Englisch oder Deutsch. Bemme hat alle Explosionsdarstellungen von Getriebe und
Motor ausgedruckt im Gepäck, was uns sehr hilfreich war. Richtiggehend geschockt
waren einige, dass wir damit bis ans Nordkap gefahren sind, aber genau das
erntete Anerkennung. Überraschend oft kam die Frage nach dem sonderbar gebogenen
Rohr über dem Vorschalldämpfer, das alle anderen haben, nur wir eben nicht. Dass
wir ganz ohne Heizung herumfahren, kann dann doch niemand mehr so ganz
verstehen!? Gegen die Konkurrenz mit Flügeltüren und die im Original erhaltenen
Oldtimer haben wir keine Chance auf einen Pokal, aber wir tragen es mit Fassung.
Gegen Ende der Ausstellung wurden die Gewinner ermittelt, sogar der
Bürgermeister sowie der Chef der Tourismuszentrale hielten ihre Ansprache vor
allen Versammelten und überreichten die Auszeichnungen. Hupend und wiederum sehr
„unauffällig“ war die anschließende Rückfahrt ins „Tilly“, wo man das Abendessen
ersehnte. Die besagte „Salatschlange“ wurde wieder erfolgreich umgangen, danach
wurde der Tag ausgewertet und das eigentliche zehnjährige Jubiläum mit einer
Riesentorte, Sekt, Superstimmung und offenem Ende gefeiert…
Tag 4 – Verschlafene Orte im Hinterland und die Rennstrecke von Misano
Adriatico
Die gestrige Party haben wir zu „angemessener“ Zeit verlassen und die Nacht im
Doppelstockbett von den zwei Takten unter der Haube verträumt, leider war es mir
etwa 20 cm zu kurz ist, denn die Füße schauen unten immer raus. Der neue Tag
beginnt mit dem PKB („Pappenkontrollblick“) vom Balkon auf den Parkplatz, wo sie
noch vor sich hin schlummert. Alles in Ordnung, so soll es sein! Gleich nach dem
Frühstück geht es wieder ins Hinterland, gestern haben wir noch zwei Orte entdeckt,
die wir besuchen wollen. Der erste ist Sogliano al Rubicone, ein typisch
italienisches Städtchen, wo die Zeit scheinbar stillsteht. Zu Fuß machen wir
zuerst die Gassen unsicher, das Auto steht malerisch vor dem Stadttor. Der ganze
Ort scheint zu schlafen, obwohl es mitten in der Woche ist, es gibt Unmengen
Einbahnstraßen, die selbst bei Richtungsverkehr zu eng für breitere PKW sind und
bei uns mit Sicherheit komplett gesperrt wären. Ganz abgesehen davon haben sie
derart enge Kurven, dass man reversieren müsste, und ein Gefälle, dass bei
Berganfahrt die Kupplung an die Grenzen führt. Wir wollen die obligatorischen
Ansichtskarten an Freunde und Verwandtschaft auftreiben und erleben den
ultimativen Laden schlechthin. In der Tabacchi-Filiale stören wir den
mürrischen Opa beim Kreuzworträtsel, weil wir etwas von ihm kaufen wollen.
Allein die Postkarten im Regal, die Auswahl war nicht „berauschend“, hatten
absoluten Kultstatus. Speziell die eine hatte es uns angetan, denn sie zeigte
die Hauptstraße, die wir gekommen sind, mit herrlich eckigen Autos, die seit dem
Anfang der 80er nicht mehr gebaut wurden. Die muss es sein, genau die!!! Mit der
Karte in der Hand schauen wir noch mal auf die Straße, komplett identisch, nur
die parkenden Autos sind neueren Baujahrs, aber manche nicht wesentlich!?
Im Ort
finden wir noch den idealen Fotohintergrund für die Wunderwaffe, eine herrlich
enge Hausdurchfahrt aus dem Mittelalter, natürlich eine öffentliche Straße. Ob
wir den im Einbahnstraßengewirr ohne Navi wieder finden? Die Antwort ist: Ja,
aber mit ein paar Schwierigkeiten! Kurz vor dem Ort sahen wir ein kleines Dorf
auf einem Bergrücken mit Burgruine daneben. Wir sehen ihn, aber wie er heißt,
das wissen wir nicht!? Also gehts nach Sicht in die grobe Richtung, denn das Navi will ja konkrete Angaben, die wir ihm nicht geben können. Irgendwann stehen
wir mittendrin, er heißt San Giovanni in Galilea, keine zehn Häuser, irgendwie
niemand auf der Straße und unglaublich sehenswert. Die Ruhe und die Ausstrahlung
dieses Fleckchens Erde sind einfach der Hit. Vermutlich sind wir die ersten seit
Tagen, die sich dahin verirrt haben. So inspizieren wir die Burgruine und
stellen fest, dass der Ort auf exakt 44° nördlicher Breite liegt, der Nautiker
lässt grüßen! Das Navi bestätigt das Hinweisschild, was auch gleich den
passenden Fotohintergrund bietet. So langsam wird es Zeit für den Rückmarsch zum
Hotel, denn heute gibt es Mittagessen statt dem sonst üblichen Abendmenü. Nach
einer kurzen Ruhepause setzen sich die ersten Fahrzeuge in Bewegung, die Strecke
ist etwa 35 km lang und wir wollen nicht im Pulk fahren, die vielen Ampeln und
Kreisverkehre unterwegs reißen den Tross ohnehin auseinander. So besorgen wir
die Adresse, füttern unser Navi und fahren als Einzelkämpfer los. Der Weg ist
mehr oder weniger unspektakulär, unbedingt erwähnenswert ist immer wieder der
typische Fahrstil. Nix für schwache Nerven und zimperliche Fahrweise, das
mittlere Pedal ist eher Ballast, es benutzt hier scheinbar niemand. Überholt
wird grundsätzlich immer und überall, wenn dir einer die Vorfahrt nimmt, dann
wird einfach kurz ausgewichen oder sofort überholt, vollkommen gleich, ob die
Sperrlinie doppelt durchgezogen ist oder vielleicht eine Linksabbiegerspur im
Wege ist. Die absolute Regel Nummer 1: Im Zweifelsfall erstmal Gas geben! Die
private Regel Nummer 2: Wer später bremst, ist länger schnell! Die ersten
Kilometer sind eben etwas gewöhnungsbedürftig, aber wir lecken beide Blut und
„passen“ uns gern an. Selbst Bemme, der immer um Wohlergehen und Knitterfreiheit
seiner Wunderwaffe besorgt ist, findet seinen Gefallen am Fahrstil. In Gedanken
hat man ein weißes Tuch mit der roten Sonne um die Stirn… In Misano Adriatico
angekommen, sammeln wir uns alle auf dem Vorplatz und warten auf die Nachzügler.
Wenn da nicht dieser unbeschreibliche Gewittersound wäre… Eine knallrote Ducati
brennt unverkennbar ihre Spuren in die Rennstrecke, der unglaubliche Schalldruck
wäre das sichere Ende eines jeden deutschen Dekra-Prüfers, einfach legendär! Die
Drehzahl geht scheinbar nicht hoch, aber der Fahrer ist nur am Schalten und hat
sichtbare Mühe, bei der Beschleunigungsorgie auf der Zielgeraden das Vorderrad
am Boden zu halten!? Dieses Männerspielzeug muss ein Drehmoment haben, das geht
ja gar nicht!!! Genug geträumt, wir haben ja auch einen Zweitopf, kein Grund zu
meckern! Als die Rennstrecke für uns freigegeben wird, dürfen wir alle zusammen
im Konvoi ein paar Runden drehen. Kaum ist man abseits öffentlicher Straßen,
nimmt die Vernunft spürbar ab, es wird entgegen der Vereinbarung natürlich doch
an den unmöglichsten Orten überholt, als ob es ein Go-Kart-Rennen wäre…
Irgendwie müssen wir alle mit den Pappen noch nach Hause kommen, aber soweit
denken nicht mehr alle!? Im Anschluss daran steht das Slalom an, als ich die
Kegel erblicke, sehe ich wirklich nur die Kegel… Wie soll man da durch passen
und vor allem, welche Route fahren??? Aber diese Frage stellt sich jeder, wir
sind nicht die Einzigen! Bemme sagt, ich solle fahren, also mache ich das auch.
Während der Durchfahrt verwünsche ich das kleine Lenkrad, weil irgendwie nur
Lenkvollanschläge zum Ziel führen, Geschwindigkeit bringt absolut nichts, nur
pure Erfahrung mit der Pappe. Wenigstens bleiben alle Kegel stehen, nur die Zeit
ist zum Davonrennen, ich werde eben alt… Unsere „Mitbewerber“ haben auch
sichtliche Mühen und lassen die Kegel kullern, aber ein Riesenspaß war es
zweifellos. Als alles weggeräumt ist, wird die Strecke zum allgemeinen Fahren
freigegeben, allerdings nur der behelmte Fahrer darf im Auto sitzen, die
Haftungssauschlusserklärung lässt grüßen. Wir wollen natürlich gern jeder noch
ein paar schrottfreie Runden fahren, um den Sound auch mal von draußen zu hören,
denn wir gehen recht laut mit Filter und Auspuff… Beim Warten auf einen Helm ist
die Stimmung jäh am Boden, ein Auto verlässt tangential die Strecke, rutscht mit
einer Riesendreckwolke durchs Kiesbett und schlägt im Reifenstapel ein.
Augenblicklich ist die Strecke gesperrt, die wildesten Mutmaßungen und Gerüchte
kursieren, alle sind wieder in der Realität angekommen. Der Fahrer ist
glücklicherweise unverletzt, aber das Auto hat was abbekommen. Kaum ist es
geborgen und steht auf dem Abschleppwagen, rennt auch alles schon mit den
Fotoapparaten los und knipst auf Teufel komm raus. Diese Sensationsgier ist
schon traurig, ganz ehrlich! Der Schaden ist unübersehbar, aber es sieht
schlimmer aus, als es ist, denn er wird später aus eigener Kraft zum „Tilly“
zurückkehren. Als sich die Aufregung gelegt hat und die Strecke wieder frei ist,
geht die Raserei gleich weiter. Wenn man die Szenen in den Kurven beobachtet,
dann ist es ein Wunder, dass nicht mehr passiert ist. Wir sind fast froh, dass
wir nicht mehr auf die Strecke kommen, die Stimmung ist noch immer getrübt. Kurz
vor der Abfahrt Richtung Cesenatico gibt es noch ein Gruppenfoto vor der
Rennstrecke, die Lichtverhältnisse sind allerdings nicht mehr prickelnd. Den
Rückweg meistern wir mit dem Navi wieder als Einzelkämpfer, finden eine Menge
Gefallen an den Kreisverkehren und schlängeln uns durch den Verkehr in Richtung
Abendessen, das wir heute selbst auftreiben müssen. Wir wollen heute keine
Katze oder ähnliches schlachten, sondern vielmehr die kleine Pizzeria an der
Strandpromenade heimsuchen. Dort angekommen, fällt uns sofort eine wild
durcheinander kreischende und irgendwie unzurechnungsfähig wirkende
Oberstufenklasse auf, die nur aus Deutschland kommen kann. Der Verkäufer
versteht etwas Englisch und wir bestellen jeder zwei Riesenstücke Pizza mit viel
Käse und Salami, die er als eigene Kreation mit den Belägen nach innen
zusammenklappt. Nun sieht das aus, wie schon mal gegessen, aber es schmeckt
super und macht wirklich satt, was letztlich zählt, denn Männer denken ja
wunderbar praktisch… Nach der Pizza verkrümeln wir uns zum Hotel, in der Nähe
dieser Kinder will man nicht unbedingt länger als nötig verbleiben. Pünktlich
zur Siegerehrung sind wir zurück, einen Pokal fassen wir nicht ab, zu langsam
eben. Viel wichtiger ist für uns das angekündigte Briefing für die
Orientierungsfahrt morgen, denn wir sind ja ehrgeizig. Die ganze Zeit schießt
uns durch den Kopf, dass wir leichter werden müssen, um flinker durch die Berge
zu kommen, was aber nur wichtig ist, wenn es wirklich auf Zeit geht. Die
Besprechung ist kurz gehalten und beantwortet einige Fragen, andere wiederum
nicht. Es gilt, entlang der vorgegeben Strecke diverse Aufgaben zu erfüllen, und
in einem Zeitrahmen von 2 h und 15 min das Ziel zu erreichen. Die
Startreihenfolge ist im Minutentakt vorgegeben, aber eben auch flexibel, denn es
zählt letztlich nur die Zeit zwischen Start und Ziel. Ich denke, mit unserem
„Fahrstil“ ist alles in unter 90 min machbar, aber es gibt ja auch noch die
Aufgaben zu lösen… Mit diesen Gedanken schlummern wir in unseren kurzen Bettchen
ein…
Tag 5 – Orientierungsfahrt und Schwefelbergwerk
Heute sind alle früh und pünktlich auf den Beinen, eine gewisse Aufregung
herrscht und wir sind noch immer unsicher, ab wir den Ofen denn nun ausräumen
oder nicht. Es bleibt alles drin und basta, denn wir schaffen das auch so,
schneller zu sein, als die breite Masse! Als wir alle die Streckenführung samt
der Aufgaben bekommen, sieht man Unmengen Fragezeichen in den Augen, so auch bei
uns… Das ist weit mehr, als nur um ein paar Kurven zu heizen, denn die Zeit ist
nicht wichtig, es ist eine Gleichmäßigkeitsrallye. So stelle ich den Countdown
auf 02 h 15 min auf dem Telefon ein, damit ist die Restzeit immer sofort
sichtbar und niemand muss in Hektik verfallen. Sprit haben wir genug, die
Elektrodenabstände der Kerzen sind in Ordnung, die Handbremse ist nachgestellt,
das Abenteuer kann beginnen! Das Navi wird uns kaum helfen, aber wir sehen
wenigstens die Kurven, bevor sie uns sehen… Die erste Station ist eine
Manufaktur, bei der wir das Produkt in Erfahrung bringen sollen. Es sind leckere
Schokoladen-Eier, wie uns der süße, Englisch sprechende Engel an der Rezeption
verrät. Bei der Gelegenheit muss ich sie auch gleich noch nach dem Bürgermeister
vom nächsten Ort fragen, dessen Namen ich leider vergessen habe, denn der war
gesucht. Weiter geht es in Richtung der nächsten Aufgabe, die Villa Torlonia ist
das Ziel. Wo die genau ist, wissen wir nicht, folglich liegt sie an der Strecke.
Aber wo? Wir glotzen uns die Augen aus, sehen Pappen vor und hinter uns,
verlassen uns aber höchst ungern auf die anderen. An der Einfahrt heizen wir
glatt vorbei, also drehen und zurück. Aufgabe: Welcher Dichter hat hier wie
lange gewohnt, welcher Fluss fließt am Haus vorbei, und wir brauchen die
Abschrift des Textes neben dem Tor. Das ist einfach, aber ich habe kein Latinum
und verstehe absolut nichts von dem, was ich da eigentlich schreibe, sehr
traurig… Nun forsten wir die englischen Beschreibungen auf den Tafeln durch,
finden Unmengen über Seidenraupenzucht und Agrarwirtschaft innerhalb dieser
Mauern, aber fast nichts zu Dichtern!? Nun denn, im Hof labere ich beinahe jeden
auf Englisch bzw. Deutsch an, um Infos zu bekommen. Ich komme mir vor, wie von
Lemmingen verfolgt, aber wirklich aufschlussreich war es nicht. Immerhin weiß
ich nun den Namen, nicht aber die Zeit, die er da lebte, denn man sagte mir,
dass er da lediglich seinen Urlaub verbrachte. Irgendwoher schnappe ich dann
noch zwei Jahreszahlen auf, die ich einfach hinschreibe, denn aus den Rippen
kann ich mir nichts schneiden. An einer roten Kreuzung sammeln wir noch die
geforderten Pinienzapfen ein, vorsichtshalber vier, vielleicht können wir die
gegen wertvolle „Infos“ eintauschen?! In einem Ort sollen wir im Tabacchi eine
Ansichtskarte kaufen, die haben aber keine. Oberbingo!!! Wir fahren also weiter,
eine andere Karte bringt ja auch nichts. Wir sollen auch noch ein bestimmtes
Blatt mitbringen, ein Feigenbaum glaube ich, wo keiner weiß, wie das aussieht.
Wenn ein Vergaser dran wäre, so hätten wir ja vielleicht auch Ahnung davon, aber
so??? Wir pflücken ein Blatt an einem Baum, der die vermeintlichen Früchte
trägt, Fehlanzeige, wie sich später herausstellt… Einen Fluss sollten wir noch
herausfinden, der sich allerdings im Ortsnamen versteckte, an einer Kirche galt
es die verunglückten Bergleute zu zählen, die im später besuchten
Schwefelbergwerk den Tod fanden, was sich aus meiner beschränkten Sicht der
Dinge als recht pietätlos herausstellte, und ein paar Ortsnamen mussten
aufgeschrieben werden. Ich denke, das waren die Knackpunktaufgaben, natürlich
auch etwas Orientierung und die Einhaltung der Zeit. Kurz vor dem Ziel helfen
wir noch dem 500er Trabi aus Chemnitz, eine reine Damenmannschaft bestehend aus
Mutter und ihren zwei Töchtern. Der will überhaupt nicht mehr laufen, die
Batterie ist total am Ende. Anschieben bringt nix und abschleppen können wir
nicht, der Heckspoiler ist im Weg. So müssen wir jemanden finden, der das Trio
abschleppt und sie zum Ziel zieht, denn stehen lassen wollen wir sie nicht. Auf
den letzten Metern mussten wir sie noch überholen, denn die Zeit wurde knapp.
Unsere Aufgaben waren ganz gut beantwortet, nur das Blatt war von einer falschen
Pflanze. Übrigens war es die richtige Antwort betreffs der Karte im Tabacchi-Laden, denn Sieglinde hat das so abgesprochen, dass die uns praktisch
keine verkaufen sollen. Für Verunsicherung hat das ganz sicher gesorgt und ein
paar der anderen haben noch ein lustiges Ding erlebt, wie wir später erfahren
sollten. Nun kümmern wir uns fix um die Batterie der drei Damen, ein Ladegerät
haben sie mit, und freuen uns auf das Mittagessen. Das Ziel ist ein wunderbar
gelegenes Sporthotel mit deutscher Führung und großer Motorradbegeisterung, wo
wir praktisch das ganze Objekt in Beschlag nehmen. Beim Essen erfahren wir, dass
ein paar Teams versuchten, in Sogliano al Rubicone eine Ansichtskarte zu kaufen.
Ratet mal, bei wem die alle waren??? Richtig, beim mürrischen Opa in seinem
Tabacchi-Laden, der von einem ganzen Rudel in seinem geliebten Kreuzworträtsel
gestört wurde. Der Ärmste muss eine katastrophale Laune gehabt haben, was wir
sofort glauben!!! Anschließend setzt sich der ganze Tross Richtung
Schwefelbergwerk nach Miniera in Bewegung, unserem nächsten Programmhöhepunkt. Der
Schacht wurde bis in die 60er Jahre betrieben und beherbergt eine umfangreiche
Mineralienausstellung aus aller Welt, natürlich auch der Mine selbst, und zeigt
deutlich den harten Grubenalltag der Bergleute. Eine volle Schicht unter der
Gasmaske wollen wir uns alle nicht vorstellen, aber die Schwefeldämpfe sind nun
mal hochgiftig. Unter deutscher Führung hören wir einen Vortrag über die Mine
und ihre Geschichte, über die Lebensbedingungen der Leute und die Auswirkungen
der Schließung für die ganze Umgebung. Danach werden wir in die Ausstellung
entlassen und dürfen auch das Freigelände besichtigen, der alte Schacht selbst
ist leider für die Öffentlichkeit geschlossen. Die Anlage liegt auf etwa 600 m
über dem Meeresspiegel, aber abgebaut wurde der Schwefel bis unterhalb dessen!
Die Zeit zwischen Besichtigung und Abendessen steht wieder zur freien Verfügung,
viel ist es nicht mehr, also nutzen wir sie. Über die harten Nebenstraßen
kämpfen wir uns durch die Landschaft, bis wir auf einem unbefestigten Weg
stehen, wo dann die Fahrt zu Ende ist. Bemme kocht, weil der Spoiler gekratzt
hat, und verwünscht das Navi auf die Mondrückseite. Wir drehen fast mitten in
der Wiese und ich ändere die Routenoption auf ökonomische Strecke. Ich glaube,
die Straßen hier sind in keiner normalen Karte drin, aber man kommt von Ort zu
Ort, von denen wenigstens die Hälfte im Atlas fehlt. Einer davon besticht durch
eine Kapelle auf einem kleinen Berg, als wir näher kommen, „identifizieren“ wir
den Flecken als Montetiffi. Sieglinde erwähnt den malerischen Ort und wir haben
ihn durch Zufall gefunden. Einfach herrlich, keine zehn Häuser und eine uraltes
Kloster mittendrin. Wer hier wohnt, muss nie in den Urlaub fahren, denn hier ist
immer Sonntag Nachmittag! Nach ein paar Fotos müssen wir weiter, die Zeit
drückt, denn wir wollen unbedingt noch Torriana mitnehmen, vor zwei Tagen hat es
ja nicht geklappt. Die Burgruine auf dem Felsen ist einfach irre, die Aussicht
muss man wirklich erlebt haben. Von San Marino im Süden kann man über die Adria
bis weit nach Norden sehen. Nun aber mit Volldampf zurück zum Hotel, denn vor
dem Essen war ja noch ein Abschlussfoto geplant, auf dem wir nicht fehlen
dürfen. Alles, was wir an Zeit vergeigt haben, müssen wir auf der Straße wieder
rausholen! Mit heißen Bremsen kommen wir genau rechtzeitig zur Fotosession und
finden einen Platz am Rand. Die Aufstellung der Autos muss ewig gedauert haben,
verpasst haben wir also nicht wirklich etwas… Immerhin kommen manche Nachzügler
noch später an, was das „Gewissen“ beruhigt! Zum letzten Male genießen wir unser
Abendessen, im Anschluss ist die Siegerehrung der Orientierungsfahrt mit einer
Tombola und der gleichzeitigen Abschlussfete geplant. Unsere Lose sind beides
Nieten, Pech für uns. Sie machen es spannend und beginnen bei den schlechtesten
Plätzen der Fahrt, immer mehr und mehr Nummern werden aufgerufen, wir sind noch
immer nicht dabei… Haben die uns vergessen oder überlesen? Schon der vierte Platz,
danach der dritte Platz… Und wir? „…und der zweite Platz geht an die Startnummer 42…“ Das
sind wir!? In grober Vorahnung hab ich mir einen Fotoplatz gesucht, Bemme geht
die Silberkanne holen. Sein glückliches Grinsen macht die Überraschung perfekt,
denn damit hat irgendwie keiner wirklich gerechnet. Die beiden verrückten
Chaoten haben den zweiten Platz gemacht, damit können wir leben! Später stellt sich
heraus, dass uns nur eine Minute zum Gesamtsieg gefehlt hat, das hätten wir
locker geschafft, aber wir wollen sicher nicht meckern! Kati, die Tochter des
Hauses und der gute Engel vom Dienst, denn sie ist immer und überall, läuft zu
Höchstform auf, als sie die Sektflaschen öffnet. Dieses Temperament lässt bei
den meisten deutschen Frauen doch sehr zu wünschen übrig… Ewig können wir heute
nicht machen, denn wir wollen um 4 Uhr aufbrechen und es ist bereits nach
Mitternacht. Als sich die Reihen langsam lichten, verschwinden auch wir auf
unser Zimmerchen, an Schlaf ist kaum zu denken, es lohnt ja auch nicht wirklich…
Tag 6 – Über die Alpen bis nördlich München
Wir fallen aus dem Bett wie Falschgeld, geschlafen hat keiner, es ist
stockduster draußen und wir tappen in den leeren Speisesaal, es ist alles mit
Sieglinde abgesprochen und eingedeckt. Nun noch raus, den Rest ins Auto gepackt,
ganz leise vom Parkplatz runter schieben und auf der Straße anlassen, sonst
steht ja alles im Bett. Voll gebunkert haben wir gestern, das Navi ist gefüttert
und der Rückmarsch kann beginnen. Es ist lange frisch und duster, wenig Verkehr,
gute Straßen und wir kommen prima voran. Die größeren Städte umfahren wir
ohnehin, sodass wir auf großartigen Verkehr auch von der Zeit her nicht stoßen
werden. Noch vor dem Mittag haben wir die Alpen erreicht, wir wollen über den
Passo Manghen und das Lavaze-Joch nach Südtirol rein, dann runter bis Bozen und
die Brennerstraße bis Innsbruck, dann nur noch bis München und das war's auch
schon für heute… Beim Anstieg auf den Manghen erleben wir Kurven ohne Ende, es
ist locker bewölkt, schneidiger Wind und es ist wirklich saukalt, speziell oben
auf der Passhöhe! Wir sind auch mehr als 2000 m hoch, kein Wunder also. Die
Sicht ist wunderbar, aber nach ein paar Fotos geht's weiter, es ist wirklich
ungemütlich. Nun geht's darum, die Bremsen zu schonen, wir haben keine Lust auf
Bastelstunde, also machen wir Pause und futtern uns durch die Vorräte. Links
vorn hat etwas zuviel Abrieb, aber alles im Rahmen. Im Tal kaufen wir ein, wir
wollen noch ein paar Snacks für den Mittag auftreiben, bevor es über das Lavaze-Joch runter in das Eggen-Tal bis Bozen abwärts geht. Das Joch ist genauso
wenig befahren wie der Manghen, aber es ist weniger spektakulär. Im Eggen-Tal
selbst wird wie irre gebaut, die schöne Felspassage ist durch Umgehungstunnel
ziemlich entstellt worden, was wir sehr schade finden. 1995 waren wir dort im
Urlaub, da war die Straße wesentlich schöner, aber auch viel anspruchsvoller zu
fahren. Die Bundesstraße auf den Brenner hinauf ist gut ausgebaut, also nicht
der Rede wert. Kurz vor der Passhöhe kippen wir noch einen Kanister nach und
machen Mittag. In Innsbruck kommen wir in den Verkehr rein, aber durch die Stadt
sind wir schnell durch. Nur noch Bunkern in Österreich, dann ab über den
Scharnitz-Pass nach Deutschland rein, an Walchen- und Kochelsee in Richtung
München. Das Wetter wird immer schlechter, vor München beginnt dann der Regen.
Durch die Stadt kommen wir mit viel Verkehr, wir stauen uns in Richtung Dachau
und haben nur noch wenige Kilometer bis zum Ziel. Bloß gut, dann es waren fast
700 Kilometer auf der Landstraße… Nach der Dusche gibt es Pizza, etwas labern
und ab ins Bett. Morgen geht's den Rest bis Eilenburg durch…
Tag 7 – Die letzten Kilometer…
Wir verpennen und brechen viel zu spät auf, das Übliche mal wieder, aber uns
stresst niemand, denn Bemme hat am nächsten Tag auch noch Urlaub. Bei Hof wollen
wir noch kurz bei Bekannten Hallo sagen, aber dort müssen wir erst hinkommen.
Das Navi führt uns gut um die großen Städte herum, wir bekommen viel Landschaft
zu sehen und sind am späten Nachmittag bei Hof. Das Hallo ist eine reichliche
Stunde lang, es ist schon spät und wir haben noch etwa vier Stunden bis
Eilenburg vor uns. Kurz vor Leipzig kippen wir den letzten Kanister nach, ich
fahre den Rest wegen der Dunkelheit. Noch schnell durch die Stadt und ab nach
Eilenburg, die kurze Strecke schockt nun auch niemanden mehr. Ausgeräumt ist
alles schnell, Ersatzteile samt Werkzeug in den Keller, die Klamotten in die
Bude und die Rennpappe darf in der Garage schlafen, was sie sich redlich
verdient hat…
Der Tag danach und ein paar Gedanken
Am Morgen schlafen wir mal etwas länger, die Hitze bringt uns in die Kiste und
wir gehen trotzdem in die Garage. Vorsichtshalber sehen wir nach der Bremse,
denn wir vertrauen ihr nicht mehr so recht, es ist zuviel vorgefallen in den
letzten Jahren. Also das Auto auf die Klötzer gestellt, Räder runter und
Trommeln ab. Und …?! Vorn links fällt uns der Belag in Stückchen entgegen, was
auch den Abrieb erklärt. Aber der Rest ist soweit in Ordnung, womit wir gut
leben können. Nun noch die Handbremse nachstellen, die nehmen wir meist zur
Entlastung auf langen Gefällestrecken, und die komplette Vorderachse samt
Lenkung abschmieren. Als der Ofen wieder auf Rädern steht, stellen wir fest,
dass ein Bolzen zwischen Krümmer und Vorschaller fehlt!? An der Tankstelle vor
Leipzig gestern Abend war er noch da, was Bemme total penibel kontrolliert, seit
wir in Norwegen einen verloren haben. Schwund gibt’s eben überall, also basteln
wir einen neuen dran und fahren zum Waschen, weil die Insekten vom Lack runter
müssen….
All das ist schon wieder über vier Wochen her, ich wollte den Bericht längst fertig
haben, komme aber wegen der Diplomarbeit nicht wirklich zu etwas. So musste ich
dann wieder das meiste aus der Erinnerung schreiben, was mir bei den vielen
Eindrücken nie sehr schwer fällt. Was sich hier immer so ganz leicht und machbar
anhört, ist es in Wirklichkeit nicht. Wer mal solche Strecken mit der Pappe auf
der Landstraße selbst gefahren ist, kann das sicher verstehen. Trotz allem
Stress muss das einfach sein, denn ein gewisses Abenteuer samt den kleinen
Unsicherheiten bleibt es immer, was die Sache stets spannend macht. Ich darf
auch nie an die ersten Kilometer in der Nacht denken, todmüde, laut, langsam und
immer das Gefühl im Hinterkopf, niemals anzukommen… Von dem gestörten Gelaber
zwischen uns mal ganz abgesehen, wir hoffen stets, dass das niemand hört!? Aber
dann kommt das innere Lächeln zurück, weil wir das immer schaffen, und wenn es
das Letzte ist, was wir tun! Ebendieses Lächeln muss dann wenigstens ein Jahr
anhalten, bevor die nächste kranke Aktion gestartet wird, solange es noch geht.
Was im Jahr 2008 wird, vermag ich nicht zu sagen. Keine Ahnung, ob ich Urlaub
bekomme, oder mich sonst wo auf einem Containerschiff herumtreibe, aber
mitfahren will ich sicher, wenn es sich irgendwie ermöglichen lässt. Falls sich
natürlich hier auf diesen Seiten eine adrette junge Dame findet, die wahnsinnig
genug ist, sich eine solche Tour zusammen mit meinem Bruder anzutun, so würde
ich meinen Bordmechaniker- und Navigatorjob auch gern an sie abgeben. Aber
wahrscheinlich werde ich in diesem Falle sowieso fristlos von ihm gefeuert…
Aussagekräftige „Bewerbungen“ werden jederzeit durch mich weitergeleitet!!! Mit
einem breiten Lächeln will ich diesen Bericht zum Ende bringen, denn in Gedanken
bin ich mitten in einer Pause neben der Pappe, lausche dem Auspuffknacken,
rieche die verbrannte Luft, habe Spritgeruch an den Händen, schlürfe den
abgestandenen Kaffee aus der Thermoskanne und plane eine interessante Route für
die nächste gestörte Aktion…
Ergebnisse
der Wettkämpfe.
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